Gesetze gegen Queere:Wie Kulturkämpfe Floridas Schulen verändern
von Leonie Georg
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Kurz vor Schulbeginn streichen viele Schulen in Florida Psychologiekurse. Denn durch das konservative "Don't say Gay"-Gesetz tobt dort ein Kampf um Lehrpläne und Bücherverbote.
Seit über einem Jahr gibt es Streit über Gouveneur Ron DeSantis' Schulgesetz. Archiv.
Quelle: Imago
Es herrscht Chaos an Floridas Schulen. Wenige Tage vor dem Unterrichtsbeginn nehmen viele Schulen in dem US-Bundesstaat einen sehr nachgefragten Psychologiekurs aus ihrem Lehrplan.
Denn das Bildungsministerium hatte die Schulen vergangene Woche aufgefordert, Lektionen, die sich mit sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beschäftigen, aus dem Kurs zu streichen.
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Von Psychologiekursen hängt Zulassung zum Studium ab
Das "College Board", das die Kurse prüft, stellte klar, dass diese Themen aber für die Anrechnung eines Psychologiestudiums obligatorisch seien. Sie rieten dazu, den Kurs lieber gar nicht anzubieten als in gekürzter Form.
"Daher werden wir in diesem Jahr an keiner unserer Highschools Psychologie anbieten", so der Schulbezirk Brevard County in einem Online Statement.
Unterricht zu sexueller Orientierung im Lehrplan verboten
Evan Reid studiert an der Florida University im Nebenfach Psychologie, in der Highschool war der Kurs eine wichtige Vorbereitung für sein Studium.
Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, was daran verwerflich sein soll: "Ich hatte wirklich eine normale Erfahrung mit diesem Kurs. Es gab keinen Moment, in dem ich mich unwohl gefühlt habe."
Ursprung des Konflikts ist das Schulgesetz aus dem Jahr 2022, das von Gegnern als "Don't say Gay"-Gesetz bezeichnet wird. Es verbietet den Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität.
Ron DeSantis, Gouverneur von Florida, unterzeichnet am 28. März 2022 das Gesetz über "Elternrechte in der Bildung".
Quelle: AP
Der republikanische Gouverneur Floridas und Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Ron DeSantis, hatte es im vergangenen Jahr unterzeichnet und den Kampf gegen eine sogenannte "Woke-Agenda" erklärt.
"Angriff auf Schwule und Schwarze"
Ein Begriff, der von Konservativen gerne als Schimpfwort gegen progressive Werte verwendet wird. Die Streichung des Psychologiekurses ist ein weiterer von vielen Lehrplankämpfen und Bücherverboten, die in Florida toben.
Die Ziele von Ron DeSantis machen Reid und anderen Menschen in seiner Umgebung Angst: "Dieser ganze Angriff auf die Woke-Kultur ist kein Angriff auf das Woke-Sein."
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Afroamerikanische Geschichte habe "keinen pädagogischen Wert"
"Erst war er gegen afroamerikanischen Geschichtsunterricht. Jetzt ist er hinter Psychologie her", ergänzt Reid. In diesem Jahr lehnte das Bildungsministerium bereits einen afroamerikanischen Geschichtskurs ab, mit der Begründung, dass er "keinen pädagogischen Wert" habe.
Letzten Monat geriet DeSantis in die Kritik, nachdem das Bildungsministerium beschlossen hatte, Schüler sollen lernen, dass versklavte Menschen "Fähigkeiten entwickelten", die "zu ihrem persönlichen Vorteil eingesetzt werden konnten".
Lehrer in Florida geben ihr Amt auf
Wer gegen die Gesetze verstößt, dem kann die Lehrerlaubnis entzogen werden oder sogar eine Haftstrafe drohen. Viele Lehrkräfte haben aufgrund des Drucks bereits ihr Amt aufgegeben.
So auch Heather Felton, die bis vor einem Jahr noch Englisch an der Southeast High School in Manatee County unterrichtete.
"Das ist nicht das, worauf unser Land gegründet wurde. Wir müssen alle Teile unserer Geschichte, alle Teile unserer Gemeinschaft akzeptieren, jeder Bürger sollte sich in den Schulen willkommen fühlen", so Felton.
Sie will sich nun dafür einsetzen, dass sich etwas ändert. "Ich arbeite daran, mich in unserem Staat zu engagieren. Wir haben immer noch eine Stimme. Und man sagt ja, wenn man etwas liebt, dann kämpft man dafür."
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