Zu viele Bären in Rumänien: Tiere schützen oder jagen?
Tiere kommen nah an Dörfer:Bärenplage in Rumänien: Schutz oder Jagd?
von Britta Hilpert
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Rund 8.000 Bären gibt es nun wohl in Rumänien. Sie sind ein Touristenmagnet - und ein Problem. Denn sie kommen dem Menschen zu nahe.
Bären ziehen durch Rumäniens Dörfer, greifen auch mal an. Kein Wunder: Ihr Lebensraum wird angegriffen und kleiner, ihr Verhalten eine Folge von menschlichem (Fehl)Verhalten.27.09.2023 | 6:39 min
Tom, Georgina und die anderen tragen heute nur dunkle Kleidung, und ihr Deo haben sie weggelassen. Simona, die Gruppenleiterin, hatte darum gebeten. Denn sie wollen wilde Bären sehen, und diese riechen fünfmal besser als Hunde - Deo-Geruch könnte sie verscheuchen.
Alle Plätze der Tour für 70 Euro pro Person sind ausgebucht. "Ich will sie sehen, wie im echten Leben", sagt Georgina aus Spanien und Tom aus England ergänzt: "Ich wollte Bären sehen auf eine ethische Art, nicht im Zoo oder so."
Bärentouren boomen
Und da sind sie, auf einer Waldlichtung, rund ein halbes Dutzend. Sie sind friedlich, nur einmal gibt es Gebrüll, Futterneid. Sie schnuppern in unsere Richtung und auf dem Boden, nach Futter. Simona hat ein paar Äpfel auslegen lassen, um sie anzulocken. Ist das denn ethisch?
Gruppenleiterin Simona meint: "Es passiert häufig, dass die Bären den Dörfern zu nahekommen, sie gehen in die Felder und Obstwiesen. Seit einiger Zeit können Bewohner sich kaum noch wehren gegen diese Bärenattacken, sie sind frustriert." Wenn man sie hier, zwölf Kilometer von jeder Besiedlung, anfüttere, dann halte sie das auch fern von der Zivilisation.
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Abschuss von Bären nur in Ausnahmefällen erlaubt
Im Dorf Belin gilt den Bären offenbar die Schafherde von Szabó Jenő Csaba als einfachste Futterquelle. Schon seit Jahrzehnten lässt er seine Schafe nah am Wald grasen. Seit 2016 ist der Abschuss von Bären in Rumänien nur noch in Ausnahmefällen erlaubt - seither sieht der Schäfer die Tiere immer häufiger.
Der Onkel von Szabó hat den Beruf als Schäfer nun aufgegeben. Er wollte einen Bären verscheuchen, der den Schafen zu nah kam, und wurde angegriffen. Die Fotos auf Szabos Handy sind schmerzlich anzuschauen: Blutüberströmt stützt er sich auf seinen Hirtenstab. "111 Stiche hat er machen lassen müssen", erzählt Szabo. "Ich sage nicht, dass wir Bären nicht schützen sollen. Aber sie vermehren sich zu stark. Ich finde, sie sind zu sehr geschützt."
Mensch und Bär kommen sich immer näher
Das Dorf Belin wächst - und kommt dem Wald immer näher. Um Bären abzuhalten, sind manche Müllcontainer frisch eingezäunt. Aber: Am Rande einer Neuansiedlung befindet sich eine wilde Müllhalde, darauf ein blutiges Fell und Schlachtabfälle. Für geruchsempfindliche Bären ist das wie eine Einladung.
Der Müll lockt Bären an.
Quelle: ZDF
Es ist fahrlässig, Bären anzulocken. Menschen tun es aber auch entlang der Touristenstraßen: Schon Generationen von Bettel-Bären hocken da an den Rastplätzen, sitzen neben Leitplanken, betteln um das einfache Futter aus den Blechkisten. Die Touristen sind begeistert, machen Fotos - bis so ein 400-Kilo-Koloss dann irgendwann mal Zähne zeigt. Der Mensch lockt, das ist ein Grund, warum der Bär kommt. Der Mensch zerstört, das ist ein anderer.
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Immer mehr Lebensraum der Bären wird zerstört
Dan Cătălin Turiga ist Aktivist bei der NGO Agent Green. Er nimmt uns mit, tief in den Wald, in ein Natura-2000-Gebiet. Vor zwei Jahren wurde flächendeckend illegal abgeholzt.
Und für Bären hat das Konsequenzen: "Der Bär findet hier keine Nahrung mehr oder Schutz. Und so geht er in Gebiete in die Nähe menschlicher Siedlungen, wo er zuverlässig Nahrung findet", sagt Dan. Um das Problem zu lösen, wird in Rumänien nun immer lauter Bärenjagd gefordert.
Zuletzt hieß es, dass bis Mai 2024 bis zu 500 Bären geschossen werden dürfen. Mit der Bärenjagd wird auch viel Geld gemacht. Bis zu 7.000 Euro soll ein Österreicher kürzlich für das Schießen eines Bären gezahlt haben.
Umweltminister: Einige Bären exportieren
Der aktuelle rumänische Umweltminister hält Bärenjagd für einen Weg. Zwei weitere Lösungswege: einzäunen oder exportieren.
In der Provinz werden sie auf die Migrationsvereinbarung für Bären kaum warten können. Jeden Abend, so berichtet es Anna, bricht hier der Bär durch den Zaun. "Er rannte und ich hörte ihn hap hap hap! Er war riesig", erklärt sie und macht den Bären nach. "Die einzige Lösung für ihn ist das Gewehr."
Bären mit KI verscheuchen
In ihrem Dorf Rucar probieren sie nun, mit Künstlicher Intelligenz Bären zu verscheuchen, sagt Mihar Zotta vom Carpathia Conversation Fund und zeigt auf Lautsprecher und Kameras in den Bäumen.
Quelle: ZDF
Im rumänischen Rucar hilft Technik dabei, die Bären zu vertreiben: Elf Kameras und Lautsprecher werden hier mit Künstlicher Intelligenz gesteuert. Wird ein Bär erkannt, kommt Musik, ein Bären-Brüllen oder ein sehr hoher Ton. So sollen Bären dauerhaft vergrault werden.
Es ist ihre letzte Chance: Wenn die Akzeptanz für Bären in Rumänien so schlecht bleibe, wie sie sei, hätten Bären keine sehr gute Zukunft, sagt Mihai Zotta vom Carpathia Conservation Fund.
Die Karpaten, so groß sie sind, scheinen zu klein zu werden für Mensch und Bär. Aber sie gehören den Bären, genau wie den Menschen.