Kampf gegen Fachkräftemangel:IW-Direktor: "Müssen wieder mehr arbeiten"
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Was kann gegen den Fachkräftemangel getan werden? IW-Chef Hüther sagt: Längere Arbeitszeiten. Nur so könnten die fehlenden Fachkräfte-Stunden ausgeglichen werden.
"Wir brauchen eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeit im Jahr, nicht den unrealistischen Traum der Vier-Tage-Woche", sagt IW-Direktor Michael Hüther.
Quelle: Jan Woitas/dpa
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hat der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, längere Arbeitszeiten gefordert. Schon 2023 würden durch den Fachkräftemangel rund 4,2 Milliarden Arbeitsstunden jährlich fehlen. "Die werden wir nicht mit Zuwanderung bekommen, sagte er der "Rheinischen Post". Die Alternative:
In der Schweiz, aber auch in Schweden würde eine Vollzeitkraft fast 300 Stunden mehr im Jahr arbeiten als in Deutschland.
Vier-Tage-Woche unrealistisch?
Hüther sagte weiter:
Dies könne "über die Wochenarbeitszeit oder andere Urlaubsregelungen gehen, in Zeiten höherer Arbeitszeit- und Arbeitsortsouveränität durchaus vermittelbar".
Hüther warnt vor geringeren Wachstumsraten
Hüther erwartet laut dem Bericht Verwerfungen in der Wirtschaft, wenn der Fachkräftemangel nicht behoben wird. "Wir müssen das Erwerbspotenzial besser ausschöpfen, um den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft mit einer dann kleineren Bevölkerung zu schaffen. Ohne die Arbeitszeitverlängerung wären in den nächsten Jahren bestenfalls noch Wachstumsraten von 0,5 bis 0,75 Prozent möglich. Und die Inflation würde über Jahre bei drei bis dreieinhalb Prozent liegen."
Mehrere Unternehmen in Deutschland haben eine verkürzte Arbeitszeit bei gleichem Lohn bereits eingeführt. In Deutschland testet unter anderem die Gemeinde Mengen in Baden-Württemberg die Vier-Tage-Woche in der Verwaltung - allerdings bei gleicher Wochenarbeitszeit. Anfang Juli war bekannt geworden, dass die britische Regierung einer Gemeindeverwaltung in England ein Pilotprojekt zur Vier-Tage-Woche untersagt hat.
In den letzten Wochen wird immer lauter über sie debattiert: die Vier-Tage-Woche. Weniger arbeiten - bei womöglich vollem Lohnausgleich: Was spricht dafür, was dagegen?17.05.2023 | 2:27 min
IW-Direktor gegen Abschaffung von Ehegattensplitting
Den Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, das Ehegattensplitting abzuschaffen, lehnte Hüther hingegen ab. "Die Debatte ist ein alter Hut. Wir müssen es den Paaren überlassen, mit welcher Aufteilung sie das gemeinsame Familieneinkommen erzielen wollen", sagte der IW-Chef.
Effekte für den Arbeitsmarkt erwartet Hüther bei einer Abschaffung nicht. "Das Ehegatten-Splitting hält Frauen nicht vom Arbeiten ab. Frauen nehmen dann Vollzeitjobs an, wenn die frühkindliche Betreuung besser ausgebaut ist."
Quelle: AFP, dpa, Reuters
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