Wirbel um Umfrage zu Männer-Rollenbildern

    Fragwürdige Statistik:Wirbel um Umfrage zu Männer-Rollenbildern

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Eine Umfrage zu den Rollenbildern junger Männer sorgt für Aufregung. Doch an der zugrundeliegenden Methodik gibt es Kritik - und Zweifel an der Repräsentativität.

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    "Schock-Umfrage" - "Jeder dritte junge Mann billigt Gewalt gegenüber Frauen" - so lauten die Schlagzeilen zu einer aktuellen Umfrage der Organisation Plan International Deutschland, die derzeit für viel Aufregung sorgt. Zahlreiche Medien hatten über die scheinbar spektakulären Ergebnisse berichtet, darunter auch ZDFheute, auf Basis von Agenturmeldungen.
    Doch an der Umfrage gibt es massive Kritik: Experten äußern Zweifel an den Ergebnissen und bemängeln eine intransparente Methodik - konkrete Fragen und Antworten wurden nicht veröffentlicht. Vor allem wird infrage gestellt, wie repräsentativ die Statistik überhaupt ist. Für die Umfrage wurden die Antworten von 947 Männern und 949 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren ausgewertet, die online befragt wurden.

    Experte: Online-Umfragen weniger repräsentativ

    Schon darin sieht Ulrich Kohler, Professor für empirische Sozialforschung an der Universität Potsdam, ein grundsätzliches Problem. Gegenüber ZDFheute erklärt er:

    Bei Umfragen sollten die Befragten per Zufallsverfahren ausgewählt werden - nur dann gibt es eine repräsentative Stichprobe.

    Ulrich Kohler, Professor für empirische Sozialforschung an der Universität Potsdam

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    Online-Umfragen seien für solche Statistiken weniger gut geeignet, weil sich die Befragten "quasi selbst auswählen": "Dadurch ist das potentiell hochselektiv - es gibt in dem ganzen Verfahren nichts, das sicherstellt, dass keine wesentliche Verzerrungen eintreten können", so Kohler.

    Umfrage wurde "repräsentativ ausgesteuert"

    Auf Nachfrage von ZDFheute erklärt eine Sprecherin von Plan International Deutschland, die Stichprobe sei extra "repräsentativ nach den Parametern Alter, Bildungsstand und Regionalität" ausgesteuert worden. Was das konkret heißt, wird in der Umfrage auch noch mal selbst erklärt: "Erfahrungsgemäß befinden sich in Online-Panels eher Personen mit etwas höherer Bildung, einer gewissen Computer-Affinität und einer natürlichen Neugierde und Mitteilungsbereitschaft", heißt es dort.
    Bei der Auswahl der Befragten sei bezüglich der Bildungsquote gegengesteuert worden - Menschen mit geringerem Bildungsgrad wurden also offenbar verstärkt gewichtet, auch bei der regionalen Gewichtung wurde nachgesteuert. Doch ist die Umfrage dadurch repräsentativ auch hinsichtlich der geäußerten Ansichten?
    Hilfe bei Gewalt gegen Frauen:



    Kohler hat Zweifel: "Sie können bei solchen Online-Befragungen vielleicht was beim Bildungsgrad korrigieren, mehr Leute reinnehmen mit schlechterer Bildung zum Beispiel. Aber es gibt ganz viele Aspekte, bei denen wir gar nicht nachsteuern können - weil wir nicht wissen, wie diese in der deutschen Bevölkerung verteilt sind. Da kann immer eine Verzerrung der Stichprobe bestehen bleiben."
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    Plan-Ergebnisse decken sich nicht mit anderen Studien

    Konkret heißt das: Panel-Teilnehmer mit besonders hoher Computer-Affinität und Mitteilungsbereitschaft könnten möglicherweise andere Einstellungen als der deutsche Durchschnitt haben - und möglicherweise auch frauen- und schwulenfeindlichere Positionen vertreten? Denn einige der Ergebnisse von Plan International decken sich nicht mit früheren Studien:
    So gaben 48 Prozent der Befragten bei Plan an, dass es sie störe, wenn Männer "ihr Schwulsein in aller Öffentlichkeit zeigen". Bei einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 gaben jedoch nicht mal 40 Prozent der Befragten an, dass sie sich von so etwas gestört fühlen - allerdings in der Gesamtbevölkerung, nicht nur in der jüngeren Generation.
    Auch der Alkoholkonsum unter den von Plan Befragten ist höher als in anderen Studien, beispielsweise der jüngsten Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. "Bei den Stichprobenumfängen scheint das schon eine Verzerrung zu sein", sagt der Mathematik-Professor Kristan Schneider von der Hochschule Mittweida.

    Angaben zu kulturellen Hintergründen fehlen

    Ein weiteres Problem: So manche Begriffe sind nicht exakt definiert. 34 Prozent der jungen Männer geben an, gegenüber Frauen Gewalt auszuüben und "schon mal handgreiflich" zu werden, um ihnen Respekt einzuflößen, heißt es in der Umfrage. Doch was ist handgreiflich? "Den Partner wegstoßen oder Gegenstände werfen, zählt für manche als Handgreiflichkeit, für manche nicht", so Schneider.
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    Dazu kommt: "Die kulturellen Hintergründe der Befragten fehlen völlig", bemängelt Schneider. In der jüngeren Bevölkerungsgruppe habe circa 35 Prozent der Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. "Klassische Rollenbilder unterscheiden sich zwischen Kulturkreisen." Plan hält entgegen: Um keine Vorurteile zu schüren, habe man bewusst darauf verzichtet, nach Religion, Nationalität und Migrationshintergrund zu fragen, erklärt Geschäftsführerin Kathrin Hartkopf.
    Sozialforscher Kohler fasst ernüchtert zusammen: "Gerade bei solchen Studien mit sensiblen Befunden, die in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden, muss man sehr hohe Qualitätsmaßstäbe anwenden. Genau das ist hier nicht geschehen."

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