Herbie Hancock über das Üben, Youtube und ChatGPT

Jazz-Legende wird 85:Herbie Hancock über Üben, Youtube und ChatGPT

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Ob "Cantaloupe Island" oder "Rockit" - irgendetwas hat wohl jeder schon von Herbie Hancock gehört. Nun wird der legendäre Jazz-Pianist 85 - und verrät, was ihn vom Üben ablenkt.

Jazzpianist Herbie Hancock
Hat auch mit 85 noch lange nicht genug: Jazzpianist Herbie Hancock
Quelle: Imago

Herbie Hancock gilt seit Jahrzehnten als einer der einflussreichsten, erfolgreichsten und besten Pianisten der Musikgeschichte - aber Klavier üben mag selbst er nicht. "Ich sehe das so: Es ist etwas, das ich nicht machen will, aber ich muss es machen. Und wenn ich dann so richtig reinkomme, dann fühle ich mich so, als hätte ich ein Hindernis in meinem Leben überwunden", sagte Hancock, der am Samstag 85 wird, jüngst der britischen BBC. "Diesen Kampf gewinne ich nicht immer, aber ich habe es bis hierhin geschafft. Also habe ich nicht so viele Kämpfe verloren, schätze ich."
Jazzpianist Herbie Hancock (L) und Stevie Wonder, aufgenommen am 01.01.1980
Jazzpianist Herbie Hancock (links) in den 80er Jahren mit Stevie Wonder
Quelle: Imago

Kein neues Album wegen Youtube

Wenn es richtig gut laufe beim Üben oder Komponieren, dann liefen ihm sogar Tränen übers Gesicht, weil ihn das Klavierspiel dann so bewege, sagt Hancock. Manchmal aber komme er nicht zum Üben, weil er bei etwas anderem hängen bleibe:

Ich tauche tief in verschiedene Themen bei Youtube ab - neue Musik-Software und Sachen über Gesundheit und Tech.

Herbie Hancock

Unter anderem deswegen habe er auch schon seit rund 15 Jahren kein neues Album mehr herausgebracht. "Aber so ist das Leben." Auf Tour geht Hancock aber nach wie vor. Bis zum Herbst sind schon wieder Konzerte angekündigt, darunter auch einige in Deutschland.
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Herbie Hancock: Regelbrecher und "König des Jazz"

Der Pianist gilt seit Jahrzehnten als einer der erfolgreichsten Komponisten und Interpreten des Jazz, viele bezeichnen ihn sogar als "König des Jazz". Gleichzeitig macht er auf seinen mehr als 200 Alben und unzähligen Konzerten immer wieder Ausflüge in Klassik, Folklore, Rhythm and Blues, Rock, Pop und Rap. Kritik von Puristen ignoriert er. Er entdecke "immer wieder gerne neue Regeln, um sie dann zu brechen".

Ich schaue mich um und sehe, was in der Musik zur Konvention geworden ist. Und dann überlege ich mir, wie ich das brechen kann. So entsteht Innovation, das hält mich am Laufen.

Herbie Hancock

Schon als kleines Kind sei er neugierig gewesen und das sei auch heute noch Teil seines Wesens. "Ich schaue immer nach einem Weg, mich weiterzuentwickeln, Dinge auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen, und nicht einfach nur immer wieder dasselbe zu machen." Unzählige Preise - darunter zahlreiche Grammys, einen Oscar und in diesem Jahr gerade erst den Polar Music Prize - hat ihm das schon eingebracht.
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Ein Jahr nach Durchbruch schon Einstieg bei Miles Davis

Geboren wurde Herbert Jeffrey Hancock 1940 in eine afroamerikanische Mittelstandsfamilie in Chicago als Sohn eines Lebensmittelhändlers und einer Sekretärin. Er nahm schon als kleiner Junge Klavierunterricht. Bald darauf gab er Konzerte und schaffte schon mit seinem Debütalbum "Takin' Off" 1962 den Durchbruch. Der darauf veröffentlichte Song "Watermelon Man" gilt bis heute als eines der einflussreichsten und bedeutendsten Jazz-Stücke überhaupt.
1963 stieg er in das Quintett des legendären Jazztrompeters Miles Davis ein. Damals sei er selbst noch "ein richtiger Jazz-Snob", ein Purist, gewesen, erinnert sich Hancock. Doch weil Davis alles hörte - Jimi Hendrix, Manitas de Plata, Cream und Rolling Stones - öffnete sich auch Hancock anderen Einflüssen, "weil ich so hip und cool wie Miles sein wollte". Mit ihm zu spielen sei immer "einschüchternd" gewesen.

Ich wollte immer mein Bestes geben, weil ich ihn so bewundert habe. Er hat so eine große Rolle in meiner eigenen Entwicklung als Musiker gespielt.

Herbie Hancock

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Mit "Rockit" bei MTV auf Heavy Rotation

Auch vor der Vertonung von Werbespots, Filmen und TV-Serien schreckte Hancock nicht zurück. Er komponierte die Musik für den Action-Streifen "Ein Mann sieht rot" (1974) mit Charles Bronson und bekam einen Oscar für den Soundtrack von Bertrand Taverniers Jazz-Film "Round Midnight" (1986).
Mitte der 80er Jahre dockte er mit "Future Shock" und der Nummer-1-Hitsingle "Rockit" erfolgreich an den Hip-Hop an und lief bei MTV auf Heavy Rotation. Zuletzt veröffentlichte er 2010 das Album "The Imagine Project", mit dem er an John Lennon anknüpfte und Stars wie Seal, Pink, Anoushka Shankar, die Dave Matthews Band und Juanes zusammenbrachte.
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Experimentierfreude führte in die Crack-Sucht

Nicht immer hat seine Neugier ihm nur Gutes eingebracht. In den 90ern führte sie ihn zu einer Crack-Sucht, wie der praktizierende Buddhist in seinen Memoiren zugab.

Ich wollte sehen, wovon da alle redeten. Also habe ich es probiert. Als ich es zum ersten Mal inhaliert habe, wusste ich, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte.

Herbie Hancock im Radiosender NPR

Hancock versuchte, seine Sucht zu verstecken, und rutschte immer tiefer ab. Geholfen hätten ihm schließlich seine deutsche Frau Gudrun Meixner, mit der er seit 1968 verheiratet ist, und seine Tochter.
Die Zukunft sieht Hancock optimistisch - unter anderem dank Künstlicher Intelligenz. Er glaube fest daran, dass die der Menschheit helfen werde. "Wenn ich ChatGPT oder Siri auf meinem iPhone nutze, dann sage ich immer "Danke" und sie sagen meistens "Gern geschehen". Ich versuche die KI so zu behandeln, als wäre sie menschlich und das manifestiert sich auf extrem positive Weise und führt dazu, dass ich mich besser fühle."
Foto einer großen, beleuchteten Bühne. Helge Schneider, Pete York und Gitarrist Henrik Freischlader sitzen an ihren Instrumenten.
Jazz pur mit dem brillanten Multi-Instrumentalisten Helge Schneider und seinem Trio - an den Drums Pete York.11.02.2019 | 60:12 min

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Quelle: dpa

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Quelle: dpa

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