Reichsbürger-Prozess: Über 14 Jahre Haft für Schüsse auf SEK

    Schüsse auf SEK in Boxberg:"Reichsbürger" muss mehr als 14 Jahre in Haft

    von Jan Henrich und Victoria Kunzmann
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    Das OLG Stuttgart hat einen mutmaßlichen "Reichsbürger" zu mehr als 14 Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt. Er soll im April 2022 auf Polizisten geschossen haben.

    Es sei ein Wunder, dass niemand getötet wurde, betonten die Richter in ihrer Urteilsbegründung. Nach über 30 Verhandlungstagen am Oberlandesgericht Stuttgart steht für sie fest, Ingo K. hatte im April 2022 gezielt auf anrückende Polizisten geschossen, als diese sein Haus durchsuchen wollten. Das Urteil: 14 Jahre und sechs Monate Haft wegen versuchten Mordes in mehreren Fällen.

    Dutzende Schüsse auf Spezialkräfte

    Spezialkräfte rückten damals im baden-württembergischen Boxberg für eine Hausdurchsuchung an. Eine bislang legal von Ingo K. besessene Pistole sollte beschlagnahmt werden. Doch der Einsatz eskaliert. Durch einen geschlossenen Rollladen werden Dutzende Schüsse aus einer Schnellfeuerwaffe abgegeben. Ein Polizist wird in beide Beine getroffen und schwer verletzt, ein anderer entgeht Treffern in den Oberkörper nur wegen eines ballistischen Schutzschilds.
    Erst nach zwei Stunden kann Ingo K. festgenommen werden. Die Beamten finden in dem Haus ein ganzes Waffenarsenal, darunter 5.000 Schuss Munition, drei vollautomatische Gewehre und zwei Maschinenpistolen.

    Gericht behält sich Sicherungsverwahrung vor

    Das Gericht hat die Tat in seinem Urteil nun als heimtückischen Angriff gewertet. Ingo K. soll zudem aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben. Der 55-Jährige wird der Reichsbürgerszene zugeordnet.

    Sein Handeln war geprägt von Hass auf den Staat. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass Beamte seine Wohnung betreten.

    Jan Spoenle, Gerichtssprecher Oberlandesgericht Stuttgart

    Es sei auch nicht auszuschließen, dass Ingo K. sich Beamten gegenüber erneut so verhalten würde. Ob er nach Verbüßung seiner Haftstrafe wieder auf freien Fuß kommt, ist offen. Eine anschließende Sicherheitsverwahrung hat sich das Gericht vorbehalten. Die dazugehörigen Voraussetzungen ließen sich derzeit allerdings noch nicht abschließend feststellen, so der Gerichtssprecher.

    Experten sehen anhaltende Radikalisierung

    Die Gewaltbereitschaft unter "Reichsbürgern" sei gestiegen, so Rechtsextremismusforscher Miro Dittrich. Gerade während der Pandemie habe eine Radikalisierung der Szene stattgefunden. "Diese Leute glauben nicht mehr, dass sie beispielsweise mittels Demonstrationen ihre Interessen durchsetzen können."
    Die Entwicklung sei zudem anhaltend. Obwohl die Pandemie-Debatte mittlerweile abgeflaut ist und Sicherheitsbehörden auch verstärkt mit Razzien gegen die Reichsbürgerszene vorgehen, sei die Gewaltbereitschaft nicht zurück gegangen, so Dittrich.

    Ähnliche Fälle in Georgensgmünd und Reutlingen

    Fälle wie in Boxberg hatten sich in den vergangenen Jahren gehäuft. 2016 kommt es in Reuden in Sachsen-Anhalt zu einem Schusswechsel bei einer versuchten Zwangsräumung. Wenig später wird in Georgensgmünd ein 32-jähriger Polizist getötet. Ähnlich wie in Boxberg wollten die Beamten bei einem Mann, der der Reichsbürgerszene zugeordnet wird, eine Schusswaffe beschlagnahmen, als dieser durch die geschlossene Wohnungstür das Feuer eröffnet.
    Im Februar 2022 überfährt ein mutmaßlicher "Reichsbürger" bei einer Fahrzeugkontrolle im Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg einen Polizisten und verletzt diesen schwer. Zuletzt gab es auch bei einer Razzia in Reutlingen einen Angriff auf Polizisten. Ein Polizist wird dabei angeschossen. Die Durchsuchung dort stand im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Gruppierung um den im Dezember 2022 festgenommenen Heinrich XIII. Prinz Reuß.

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