Kampf gegen Bandengewalt:UN-Sicherheitsrat billigt Einsatz in Haiti
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Der UN-Sicherheitsrat hat die Entsendung einer multinationalen Polizeimission nach Haiti genehmigt. Die Truppe soll die Regierung im Kampf gegen gewalttätige Banden unterstützen.
Die multinationale Polizeimission unter der Führung Kenias soll der Regierung Haitis bei der Schaffung von Sicherheit und Ordnung helfen.03.10.2023 | 1:01 min
Ein internationaler Polizeieinsatz mit Unterstützung der Vereinten Nationen soll das von Bandengewalt zerrüttete Krisenland Haiti stabilisieren. Der UN-Sicherheitsrat genehmigte am Montag die Entsendung von deutlich mehr als 1.000 Polizeieinheiten unter der Führung Kenias in den Karibikstaat.
Die Resolution autorisiert die Truppe für ein Jahr. Nach neun Monaten soll der Einsatz überprüft werden. Wann er beginnt, wurde offiziell noch nicht festgelegt.
Haitis Außenminister nennt Entscheidung "Hoffnungsschimmer"
Das sonst so häufig gespaltene mächtigste Gremium der Vereinten Nationen votierte mit 13 Stimmen für den Einsatz, nur Russland und China enthielten sich."Ich begrüße die Resolution des Sicherheitsrats zur Entsendung einer multinationalen Mission", schrieb Haitis Premierminister Ariel Henry nach der Entscheidung in New York auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter. Und weiter:
Haitis Außenminister Jean Victor Généus erklärte, die Billigung der Entsendung der multinationalen Truppe in sein Land sei "mehr als nur ein Votum". "Es ist ein Hoffnungsschimmer für das Volk, das viel zu lange gelitten hat", so Généus.
Beginn und Ausmaß der Mission noch offen
Die Regierung in Port-au-Prince hatte angesichts der eskalierenden Gewalt in dem Karibikstaat bereits vor einem Jahr selbst um internationale Unterstützung geben.
Der kenianische Außenminister Alfred Mutua sagte der BBC, die Truppe solle am 1. Januar 2024 in Haiti sein, "wenn nicht schon früher". Wie groß sie sein wird, war zunächst nicht klar. Bei der Mission handelt es sich nicht um einen Einsatz der Vereinten Nationen selbst, sondern um eine Entsendung unter kenianischem Kommando, die vom Sicherheitsrat offiziell unterstützt werden.
Operationen gegen Banden und Schutz kritischer Infrastruktur
Der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates vom Montag ging eine etwa einjährige Suche nach einem Land voraus, das auf Bitten von UN-Generalsekretär António Guterres die Verantwortung in Haiti zu schultern bereit war.
Ein aus UN-Sicht zunächst präferierter, kanadisch geführter Einsatz kam nicht zustande. Nun soll Kenia zusammen mit zusätzlichen Kräften aus Jamaika, den Bahamas sowie Antigua und Barbuda zusammen mit den Behörden in Haiti Operationen gegen die Gangs durchführen und kritische Infrastruktur schützen.
Der Einsatz der multinationalen Truppe soll auch Sicherheit und Frieden wiederherstellen, damit das Land seit langem angekündigte Wahlen abhalten kann. Mit Ablauf der Amtszeiten von zehn verbliebenen Senatoren hatte Haiti im Januar seine letzte demokratisch gewählte Institution verloren.
Polizei in Haiti mit Bandengewalt überfordert
Haiti leidet seit Jahren unter Kämpfen zwischen Banden, die einen Großteil der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren und die Bevölkerung mit großer Brutalität und auch sexueller Gewalt terrorisieren. Auch die Zahl der Entführungen ist drastisch gestiegen.
Von Januar bis Mitte August wurden nach UN-Angaben mehr als 2.400 Menschen in Haiti getötet, mehr als 950 entführt und 902 verletzt. Mehr als 200.000 weitere Menschen sind vor Bodenkämpfen rivalisierender Banden geflohen, die Gemeinden ausgeplündert haben, aus ihren Häusern geflohen.
Die Polizei des Landes gilt als überfordert. Zuletzt kam es zu einer Selbstjustiz-Bewegung der Bewohner gegen die Banden.
Millionen Menschen in Haiti hungern
Die Gewalt verschärft auch die ohnehin schon prekäre Versorgungslage. Fast die Hälfte der elf Millionen Bewohner leidet laut Vereinten Nationen unter akutem Hunger. Die UN-Sondergesandte in Haiti, María Isabel Salvador, sagte:
Nach Angaben der an die Vereinten Nationen angeschlossenen Organisation für Migration (IOM) lebt fast die Hälfte der Vertriebenen in Port-au-Prince inzwischen in behelfsmäßigen Unterkünften, in denen die hygienischen Verhältnisse extrem schlecht sind. Viele hätten bei Freunden oder Familie Unterschlupf gesucht. Die Fähigkeit der aufnehmenden Gemeinden, ihre knappen Mittel zu teilen, nehme mit Fortdauern der Krise jedoch ab.
Haiti ist das ärmste Land auf dem amerikanischen Kontinent. Seit Jahren leidet es unter Korruption, Gewalt und Naturkatastrophen. Seit dem verheerenden Erdbeben 2010 mit mehr als 220.000 Toten ist Haiti auf internationale Entwicklungshilfe angewiesen.
Quelle: dpa, AP
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