136 Tote bei Flut in Kenia:Der Klimawandel ist längst angekommen
von Thilko Gläßgen, Garissa/Kenia
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In Kenia sind die Folgen der Klimakrise längst trauriger Alltag. Nach der Flut stehen Menschen wie Anna Musyoka vor dem Nichts. Die verzweifelte Mutter schläft jetzt unter Planen.
Mehr als zwei Millionen Menschen sind in Ostafrika auf der Flucht. Grund dafür: Heftige Überschwemmungen in Somalia, Kenia und Äthiopien, die vor allem die Ernten zerstören.02.12.2023 | 1:34 min
Das Wasser steht Anna Musyoka bis zum Hals, als Schlammwellen das Städtchen Mororo, darunter ihr Haus, völlig zerstören. Der Klimawandel ist in Kenia längst da.
Erst Dürre, dann viel Regen
Fünf Regenzeiten infolge - seit 2020 - fällt kaum ein Tropfen von Kenias Himmel. Doch plötzlich regnet es unaufhörlich. Es regnet so heftig, dass der Fluss Tana komplett über seine Ufer tritt und alles mit sich reißt, was ihm im Weg steht: Autos und Lastwagen, Straßen und Brücken, ganze Dörfer und Städte.
Auch Anna Musyoka hat ihr Hab und Gut durch die Flut verloren: "Mein Haus ist überschwemmt, mein ganzer Besitz ist entweder kaputt oder von Plünderern gestohlen." So wie Musyoka geht es fast einer halben Million Menschen in Kenia.
Anna Musyoka an der Eingangstür ihres alten Hauses. Durch die Flut ist es nicht mehr bewohnbar.
Quelle: ZDF
Die Überflutungen haben alles zerstört
Eine matschige Brühe umgibt das, was von Anna Musyokas altem Haus übriggeblieben ist. Es riecht modrig. Nachts wimmelt es hier vor Stechmücken. Toiletten und fließend Wasser gibt es nicht mehr. Das ganze System ist zusammengebrochen. Die Menschen, die noch hier sind, schlafen auf der Straße.
Musyoka konnte nicht bleiben. Sie ist in ein provisorisches Lager in die Nachbarstadt geflohen. Eine dünne Plastikplane, auf vier Holzlatten gespannt, verdeckt, dass ihr nichts geblieben ist. Es ist eine Katastrophe für die 37-Jährige, die mit ihrem Sohn zusammenlebt.
Klimawissenschaftler fordern mehr Prävention
Mindestens 136 Menschen sind in Kenia in den Fluten gestorben und viele werden noch vermisst. Und das, obwohl sich Extremwetter inzwischen besser vorhersagen lässt, doch vielerorts sei die Infrastruktur nicht für extreme Regenfälle ausgelegt. Es fehle an Geld, sagt Klimawissenschaftler Geoffrey Sabiiti vom Klimaforschungsinstitut ICPAC in Kenia.
Auch Musyoka wurde zwar vor den nahenden Überflutungen von einer Hilfsorganisation gewarnt, sie hätte ihren Hausrat in Sicherheit bringen können. Doch für den schnellen Umzug fehlte ihr das Geld. Jetzt ist alles weg. Sogar von der einzigen Straße, die die Regionshauptstadt Garissa mit der 350 Kilometer entfernten Hauptstadt Nairobi verbindet, sind an einigen Stellen nur noch Betontrümmer übrig. Seit einer Woche ist Garissa nur noch zu Fuß erreichbar.
Klimawandel ist in Kenia längst Realität
Junge Männer waten durch das hüfthohe Wasser und bringen säckeweise Lebensmittel, Trinkwasser und Benzin auf die andere Seite des Flusses und versorgen so die Bevölkerung von Garissa zumindest notdürftig. Sie haben sich selbst organisiert und versuchen, die schlimmsten Folgen der Krise abzufedern. Doch die Straße ist die wichtigste Verkehrsader für Kenias schwer zugänglichen Norden. Das Angebot auf den Märkten wird täglich kleiner. Wann die Straße wieder für Autos und Lkw befahrbar ist, ist ungewiss.
Für die Zukunft erwartet Klimawissenschaftler Sabiiti, dass es noch häufiger zu Extremwetter in Kenia kommen wird.
Ernte ist vernichtet
Bedingt durch fünf ausgefallene Regenzeiten haben die Böden in den letzten Jahren kaum Wasser aufgenommen und sind wie verdichtet. Stattdessen sind ganze Ernten vertrocknet. Mit den heftigen Regenfällen der letzten Wochen ist das Ergebnis dasselbe: Die Ernten sind verloren.
Der Klimawandel hat Anna Musyoka ihre Lebensgrundlage genommen. Als sie in ihrem zerstörten Haus ihre Schuhe wiederfindet, kämpft sie mit den Tränen. Sie hofft, dass Kenias Regierung ihr hilft - bisher vergebens.
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