Rechte Kleiderkammern: Hilfsangebot oder gefährliche Masche?

    "Rechte" Kleiderkammern:Hilfsangebot oder gefährliche Masche?

    von Lisa Erzsa Weil und Felix Wolf
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    Kleiderkammern bilden deutschlandweit ein wichtiges soziales Hilfsangebot für Bedürftige. Doch was, wenn mit dem sozialen Angebot für rechtsextreme Inhalte geworben werden soll?

    Kleidung liegt in den Regalen einer Kleiderkammer.
    Viele Menschen sind auf Angebote wie Kleiderkammern angewiesen. (Symbolbild)
    Quelle: dpa

    In der sächsischen Stadt Döbeln wirft eine Kleiderkammer Fragen auf: Das "D32 - Aktion Solidarität" will helfen, allerdings nur "Landsleuten". Auf Facebook wirkt das D32 auf den ersten Blick harmlos: Viele Posts über frisch eingegangene Spenden, pinke Vorhänge, Kinder, die in der Kleiderkammer spielen.
    Doch in der Profilbeschreibung steht:

    Wir organisieren praktische Lebenshilfe für unsere Landsleute und bilden ein Netzwerk zur Stärkung der Gemeinschaft.

    Facebook-Profil von "D32"

    Bezug auf die jungen Nationalisten

    Wird hier wirklich allen geholfen oder nur "Landsleuten"? Jüngst wurde auch ein Post des Betreibers - der im Impressum nur als "Trautmann" aufgeführt ist - geteilt, der eindeutig fremdenfeindlich ist.
    Auch auf die jungen Nationalisten wird in dem Post verwiesen. Sie sind die Jugendorganisation der NPD, die seit Juni 2023 "Die Heimat" heißt. Laut Verfassungsschutz will die NPD einen Systemwechsel in Deutschland und bezieht sich oft positiv auf den Nationalsozialismus.

    Betreiber einschlägig bekannt

    Stefan Trautmann ist bekannt in der rechtsextremen Szene. Bis 2019 saß er für die NPD im Stadtrat von Döbeln. Erst 2022 wurde er zum stellvertretenden Landesvorstand Sachsen gewählt. Auch bei der rechtsextremen Partei "Freien Sachsen" engagiert er sich. Unter anderem kam er schon wegen Hausfriedensbruchs, Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt mit dem Gesetz in Konflikt.
    Auf seiner Facebook-Seite und in seinem Telegram-Kanal schreibt und teilt Trautmann Inhalte gegen die Corona-Maßnahmen, queere Menschen und gegen Geflüchtete.
    In seiner Kleiderkammer D32 hingegen wird auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass der Vertreter einer rechtsextremen Partei dahinter steckt. Doch in einer Ecke steht ein Zeitschriftenständer, in dem Werbematerial der NPD und der Freien Sachsen ausliegt.

    "Unser Volk zuerst"

    Betreiber Trautmann sieht kein Problem darin, dass der politische Hintergrund der Kleiderkammer nicht offensichtlich ist:

    Wir machen ja keinen Hehl draus, dass wir sagen: 'Wir sind für Deutsche' und untereinander unsere Volksgemeinschaft leben. Und ich bin hier bekannt in Döbeln, mein Name steht draußen dran am Briefkasten.

    Stefan Trautmann, Betreiber

    Was ist das Ziel mit der Kleiderkammer? "Wir wollen was für unser Volk tun", sagt Trautmann. "Wir sind keine Ausländerfeinde. Wir haben aber einfach unsere Prioritäten so gesetzt, dass wir wollen: Unser Volk zuerst, das ist unsere Devise."

    Verfassungsschutz will aufklären

    Jörg Müller, Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, sieht Angebote wie das der Kleiderkammer D32 kritisch:

    Rechtsextremisten wollen ihre Themen anschlussfähig halten, sie in die normalen Familien hineintragen: Wir nennen das immer: 'in die Wohnzimmer kommen'.

    Jörg Müller, Leiter Brandenburger Verfassungsschutz

    Das könne man beispielsweise, wenn man sich als der Anwalt des einfachen Mannes geriere - am besten mit Themen, bei denen man sich kümmert.
    Etwas gegen diese Kümmerer-Angebote zu unternehmen, sei jedoch auch als Staat schwierig, weil sie nicht verboten seien. Das sei gerade das perfide an dieser Masche, positiv belegte Dinge zu nutzen. "Was wir tun müssen und was wir als Verfassungsschutz tun, das ist ganz klar: Aufklären, was da passiert", so Müller.

    Wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren wollen: Die neue Folge des ZDF-Dokuformats "Die Spur" geht der rechten Kümmerer-Masche auf den Grund. Ausgestrahlt wird sie am 26. Juli 2023 um 22:45 Uhr.

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