Glücksspielatlas: 4,6 Millionen spielsüchtig oder gefährdet

    Glücksspielatlas vorgestellt:4,6 Millionen spielsüchtig oder gefährdet

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    Millionen Deutsche sind laut Glücksspielatlas spielsüchtig oder suchtgefährdet. Der Beauftragte der Regierung Blienert spricht über gefährdete Gruppen und notwendige Maßnahmen.

    4,6 Millionen Erwachsene in Deutschland sind Experten zufolge spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür. Das geht aus dem am Montag vom Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert (SPD) vorgestellten "Glücksspielatlas 2023" hervor. Die Fälle teilen sich auf in:
    • rund 1,3 Millionen, die an einer sogenannten Glücksspielstörung leiden
    • weitere 3,3 Millionen Menschen, die ein riskantes Glücksspielverhalten mit ersten Anzeichen für eine Sucht zeigen
    Riskantes Glücksspielverhalten zeigt sich laut dem Bericht etwa durch entzugsähnliche Erscheinungen, wenn nicht gespielt wird - oder die Rückkehr zum Glücksspielen am nächsten Tag, um Verluste auszugleichen.
    Blienert: Glücksspiel "enorm ausgeweitet"
    Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, spricht über den Glücksspielatlas 2023 im ZDF-Morgenmagazin.13.11.2023 | 6:34 min

    Suchtbeauftragter: "Es durchzieht die Gesellschaft - auch alle Altersgruppen"

    Besonders junge Männer würden von der Glücksspielindustrie "gezielt angesprochen" und seien entsprechend gefährdet, so Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen im ZDF-Morgenmagazin. "Aber es durchzieht die Gesellschaft - auch alle Altersgruppen sind letztendlich auch gefährdet."
    Der Markt für Glücksspiel habe sich in den letzten Jahren "enorm ausgeweitet", sagt Blienert. "Es sind digitale Angebote hinzugekommen, viele Online-Angebote. Wir haben Sportwetten, die überall präsent sind." Letztere seien besonders gefährlich:

    Sportwetten gelten häufig auch als Eintrittskarte in riskantere Formen des Glücksspiels. Wenn man im illegalen Bereich dann ohne Spielerschutz zum Beispiel unterwegs ist, dann ist das schon hochgefährlich.

    Burkhard Blienert (SPD), Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung

    Blienert: "Milliarden im illegalen Raum"

    Die Sucht nach Glücksspiel sei dabei besonders folgenreich: "Das hat hohe Auswirkungen, weil riskant Spielende sehr gefährdet sind, was ihre Existenz betrifft - es geht immer um Geld. Familien sind bedroht dadurch in ihrer Existenz. Es kann eben auch den Arbeitsplatz kosten." Er fordert einen stärkeren gesellschaftlichen Blick auf solche Probleme.
    Neben stärkerer Regulierung fordert Blienert ein stärkeres Handeln gegen illegales Glücksspiel. Dazu brauche es verstärkte Maßnahmen im Straf- und Ordnungsrecht. Jedes dritte Spielautomatenspiel in Deutschland sei illegal.

    Das heißt, es werden Milliarden auch nach wie vor im illegalen Raum eben bewegt. Da findet kein Spielerschutz statt, da findet kein Jugendschutz statt.

    Burkhard Blienert (SPD), Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung

    Glücksspielatlas: Daten zur Spielsucht von 2021

    Der vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, der Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm und dem Bereich Glücksspielforschung an der Universität Bremen herausgegebene Glücksspielatlas gebe einen grundsätzlichen Überblick über das Thema Glücksspiel in Deutschland.
    Er fasst vorliegende Daten zusammen, informiert über rechtliche Regelungen, Umsätze in der Branche und Themen wie Sucht und Prävention. Die Daten zur Spielsucht basieren auf einer Umfrage von 2021.

    Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet ein Hilfe-Telefon für Betroffene an. Die telefonische Beratung zur Glücksspielsucht und zum problematischen Glücksspielverhalten richtet sich an alle Spielenden, Angehörige und Interessierte. Betroffene erhalten:
    • gezielte Auskunft und Aufklärung über Glücksspielsucht
    • Informationen und Beratung zu bestehenden Hilfsangeboten vor Ort
    • konkrete Beratung bei persönlichen Problemen und schwierigen Lebenssituationen, die durch Glücksspielsucht oder problematisches Glücksspielverhalten entstanden sind.

    Telefon: 0800 1 37 27 00 (kostenfreie Servicenummer)

    Milliarden-Erträge in der Glücksspielbranche

    Die sogenannten Bruttospielerträge der Glücksspielbranche - also das, was nach Abzug der ausgeschütteten Gewinne an Einnahmen reinkam - lagen im vergangenen Jahr bei 13,4 Milliarden Euro.
    Am meisten klingelt die Kasse bei den Anbietern immer noch im Bereich Glücksspielautomaten (4,8 Milliarden), dahinter folgt Lotto (4,1 Milliarden). Ein starker Zuwachs zeichne sich bei Sportwetten seit deren Legalisierung im Herbst 2020 ab (1,4 Milliarden). Der Staat nahm dem Papier zufolge 5,2 Milliarden Euro an Steuern durch legales Glücksspiel ein.
    Quelle: dpa, ZDF

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