Studie von Klinik: Klimawandel führt zu mehr Frühgeburten
Studie der Hamburger Uni-Klinik:Klimawandel führt zu mehr Frühgeburten
von Sven Rieken
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Eine Studie der Hamburger Uni-Klinik belegt erstmals einen Zusammenhang zwischen hohen Temperaturen und Frühgeburten. Hitzestress kann demnach die Wahrscheinlichkeit stark erhöhen.
Vier Wärmebetten stehen in dem Raum in der fünften Etage des Hauptgebäudes der Hamburger Uni-Klinik. Es piept, Monitore zeigen Puls, Herzschlag und viele andere Werte an, und ein leises Meckern ist zu hören.
Daria wog 800 Gramm bei ihrer Geburt. Inzwischen ist das Frühchen mehr als 1.000 Gramm schwer und drei Wochen alt. Trotzdem wirken die kleinen Füßchen in den Händen von Mama Ramona Oks wie zerbrechliche Streichhölzer. Ramona wohnt seit der viel zu frühen Geburt ihrer Tochter neben der Klinik. "Viel Hautkontakt, viel Sprechen sind für die Frühchen das Wichtigste", erläutert Krankenschwester Lena Tiede.
Frühgeborene: Eine vom Klimawandel betroffene Gruppe
Daria und die drei anderen Frühchen sind die Allerkleinsten auf der Neonatologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Sie machen von allen Frühgeburten zehn Prozent aus. "Von diesen frühen Frühchen sprechen wir, wenn die Kinder vor der 30. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen", erklärt Prof. Dominique Singer, Leiter der Neonatologie.
Anders ist es bei den Frühchen, die ab der 30. Schwangerschaftswoche geboren werden. In dem kleinen Körper ist zwar alles gut entwickelt, es fehlen aber Zeit zum Wachsen und vor allem die Abwehrstoffe der Mutter, der sogenannte Nestschutz.
Genau diese Gruppe von Frühgeboren - derzeit etwa 70.000 Kinder im Jahr in Deutschland - ist vom Klimawandel betroffen. Steigen die Temperaturen auf mehr als 35 Grad - so die Auswertung des UKE - steigt das Risiko für eine Frühgeburt um 45 Prozent.
Hitzestress verantwortlich für Anstieg von Frühgeburten
Erstmals konnten Forschende damit eine direkte Verbindung zwischen ansteigenden Temperaturen und direkten Auswirkungen auf menschliches Leben ziehen.
"Auffällig", so Studienleiterin Prof. Petra Arck, "ist dabei, dass die werdenden Mütter ein bis zwei heiße Tage gut überbrücken können".
Die Prognose der Studie geht so weit, dass in zehn Jahren bei fortschreitender Häufigkeit von heißen Sommertagen bereits jedes 6. Kind in Deutschland zu früh auf die Welt kommt - das wären doppelt so viele Frühgeburten wie heute.
Patientendaten mit Daten des DWD abgeglichen
Die Mitautorin der Studie, Prof. Anke Diemert, die am UKE den Studiengang Hebammenwissenschaft leitet, weiß, was eine Frühgeburt für die Heranwachsenden später bedeutet:
Diese Daten erhebt das UKE bereits seit 20 Jahren. Die mehr als 42.000 Patientendaten mit den Daten vom Deutschen Wetterdienst abzugleichen, ist dagegen weltweit einmalig.
Diemert und Arck ist wohl bewusst, dass die Studie Aufsehen erregen wird. Sehr bewusst wollen die beiden damit die Aufmerksamkeit auf Schwangere lenken - und, dass die Sensibilität auch gegenüber hohen Temperaturen steigt.
Ihr Tipp daher an werdende Mütter: keine direkte Sonnenstrahlung, viel Trinken und - wenn möglich - klimatisierte Räume nutzen. Der klassische Badeurlaub in praller Sonne jedenfalls sollte es im Sommer nicht mehr sein. Nach Schätzung der Forschenden dauert es 20 bis 30 Jahre, bis sich der Körper an die steigenden Temperaturen gewöhnt hat.