Digitale Trends beim Evangelischen Kirchentag 2023

    FAQ

    Trends beim Kirchentag 2023:Wie die Kirche digitaler werden will

    |

    Streaming, Gemeinde-App und Predigen von Künstlicher Intelligenz - Die Evangelische Kirche stellt sich beim Kirchentag 2023 neuen Herausforderungen. Drei digitale Trends.

    Evangelischen Kirchentags. Ein Gottesdienst, geschaffen von einer Maschine: Die Predigt kommt aus den Lautsprechern in der Kirche. Zu hören ist ein digitaler Sprachassistent
    Ein Gottesdienst, geschaffen von einer Maschine: Die Predigt kommt aus den Lautsprechern in der Kirche., zu hören ist ein digitaler Sprachassistent
    Quelle: Imago

    Mit Aufrufen zu entschlossenem Handeln ist am Sonntag der evangelische Kirchentag in Nürnberg zu Ende gegangen. "Wir können nicht warten", warnte Abschlussprediger Quinton Ceasar angesichts bevorstehender Herausforderungen. Wenn Jesus sage "Jetzt ist die Zeit", rufe er zur Veränderung auf, "zu mutigen Entscheidungen, die wirklich Veränderung bewirken", sagte der Pastor in Anspielung auf den Leitgedanken "Jetzt ist die Zeit" des diesjährigen Kirchentages.
    Mit "bevorstehenden Herausforderungen" dürften nicht nur der Ukraine-Krieg oder die Klimakrise gemeint sein, sondern auch die Kirche im Umbruch durch sinkende Mitgliederzahlen. Unter dem Motto "Jetzt ist die Zeit" stellt sich die Evangelische Kirche deshalb auch den eigenen Herausforderungen und wagt den Schritt in eine digitale Welt.

    Evangelische Kirche investiert in digitale Entwicklung

    "Die Digitalisierung der Gesellschaft macht auch vor den Kirchen nicht halt", berichtet ZDF-Reporter Michael Sahr vom Evangelischen Kirchentag 2023.

    Kirchengemeinden werden künftig trotz äußerst angespannter Finanzsituation stärker als bisher in digitale Entwicklung investieren müssen. Nur so lassen sich die vielen passiven Kirchenmitglieder wieder aktivieren. Und neue Mitglieder hinzugewinnen.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    Dies sei für die Kirchen angesichts der Rekord-Austrittszahlen enorm von Bedeutung. Der ZDF-Reporter identifiziert "drei digitale Megatrends":

    Streaming wird normal - auch für Trauerfeiern?

    So wie die reale und die digitale Welt künftig immer mehr zu einer Normalität verschmelzen, werden auch Gottesdienste der Heimatgemeinde künftig verstärkt gestreamt werden.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    Voraussetzung dafür sei allerdings eine technische Infrastruktur. Bis diese geschaffen sei werde es "in vielen Gemeinden noch Jahre dauern". Während Gottesdienste schon während der Corona-Pandemie gestreamt worden seien, sollen in Zukunft auch Taufen, Hochzeiten und sogar Trauerfeiern gestreamt werden können, berichtet Michael Sahr.

    So können auch körperlich Benachteiligte Menschen oder Freunde und Verwandte aus dem Ausland den Ereignissen beiwohnen.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    Apps als neues "Gemeindezentrum"?

    Einen weiteren Trend, den Michael Sahr auf dem Evangelischen Kirchentag identifiziert hat sind Gemeinde-Apps. "Sie werden Menschen stärker als bisher in Beziehung bringen", sagt Sahr. "Und ein aktives Gemeindeleben lebt von Beziehungen."
    Ein Beispiel: Die App der Firma Communi, die 2014 in Würzburg gegründet wurde. Auf dem Dashbord der Startseite werden Angebote der Gemeinde eingestellt.

    Das Angebot zur Mathe-Nachhilfe, das nächste Sommercamp, der nächste Gottesdienst, der live in der Kirche stattfindet, aber auch über einen Klick live übers Handy mitverfolgt werden kann, falls man gerade mal nicht kann, nicht möchte, oder im Urlaub ist.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    Auf dem Bild sind Bundeswirtschaftsminister Habeck und die Aktivistin Carla Hinrichs auf der Tribüne während einer Klimaschutzdebatte zu sehen.
    Beim diesjährigen evangelischen Kirchentag diskutierten Wirtschaftsminister Habeck, Klimaaktivistin Carla Hinrich und Ex-Siemeschef Kaeser über den Kampf gegen die Klimakrise.09.06.2023 | 1:53 min
    Auch andere Herausforderungen wie der Klimawandel spielten auf dem Evangelischen Kirchentag eine Rolle:

    KI wird kommen - aber kann sie auch Gottesdienst feiern?

    Eine weitere neue technische Entwicklung auf dem Evangelischen Kirchentag: Künstliche Intelligenz. "In der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche St. Paul in Fürth predigte am Freitag vorne im Altarbereich keine Pfarrerin, sondern ein Avatar", berichtet Michael Sahr von vor Ort. Für fast alle in der Kirche sei dies ein neues Erlebnis. Die Resonanz sei ambivalent, so Sahr. Viele seien enttäuscht, manche begeistert gewesen.

    Ein Bild, das sich bei vielen Teilnehmenden abzeichnet, ist dies: Künstliche Intelligenz kann durchaus den Pfarrer bei den Vorbereitungen entlasten.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    "Er kann sich zum Beispiel am Vorabend über ChatGPT eine Gottesdienst-Predigt über 9 Minuten Länge zum Thema Ukraine-Krieg schreiben lassen", sagt Michael Sahr. "Damit gewinnt er vielleicht die Zeit, um noch ein Gemeindemitglied persönlich für ein Seelsorgegespräch zu besuchen."
    Aber ein Avatar am Sonntagmorgen statt einem realen Prediger? Da sind sich die Gottesdienstteilnehmer in Fürth fast alle einig, berichtet der ZDF-Reporter: Ein Computer hat besonders an wichtigen Stellen im Gottesdienst markante Schwächen.

    Bei Predigt und besonders beim abschließenden Segen der Gemeinde überträgt sich kein Gefühl. Der Avatar bleibt kalt, er berührt die Menschen nicht wirklich.

    Michael Sahr, ZDF-Reporter vor Ort

    Pfarrer durch Künstliche Intelligenz ersetzt - die ganze Geschichte:

    Kirchentag feiert erste KI-Messe
    :"Alexa, starte den Gottesdienst"

    Avatar statt Pfarrer: Erstmals in Deutschland wurde in Nürnberg auf dem evangelischen Kirchentag ein Gottesdienst ausschließlich von KI gestaltet. Die Resonanz: verhalten.
    Besucher und Besucherinnen während des KI erstellten Gottesdiensts auf dem Kirchentag in Fürth
    mit Video
    Quelle: ZDF, epd

    Mehr zum Evangelischen Kirchentag