Neue Biografie: Elon Musk - Wahnsinniger oder Weltenretter?

    Biografie von Walter Isaacson:Elon Musk - Wahnsinniger oder Weltenretter?

    Claudia Bates
    von Claudia Bates, Washington D.C.
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    Ist Elon Musk ein Größenwahnsinniger oder ein Weltenretter? Was treibt den reichsten Menschen der Welt an? Eine neue Biografie von Walter Isaacson sucht Antworten auf diese Fragen.

    Elon Musk
    Eine Biografie lässt hinter die Kulissen von Elon Musks Leben blicken.
    Quelle: dpa

    Um Elon Musk zu verstehen, beleuchtet der Star-Biograf Walter Isaacson Musks Kindheit in Südafrika. Schon damals war Musk fasziniert von der Physik, von Raumfahrt und von übermenschlichen Helden.
    Freunde hatte er nicht, er lebte in seiner eigenen, inneren Welt. Die Äußere war geprägt von Gewalt. Er wurde geschlagen, er hat geschlagen. Erniedrigung war Teil der Erziehung. Als er einmal krankenhausreif geprügelt wurde, stellte sich der Vater auf die Seite des Angreifers.
    Musk erzählt im Buch: "Ich musste eine Stunde lang dastehen, während er mich anschrie, mich einen Schwachkopf nannte und mir erklärte, ich wäre einfach nichts wert."

    Biograf: Musk sucht das Drama

    Aus der seelischen Folter durch den Vater folgert der Biograf:
    "Was daraus entstand, ist eine Person, die das Drama sucht und Drama und Sturm mit Liebe verbindet."

    Er ist risikobereit und kennt keine Angst. Aber er ist auch jemand, bei dem – wie bei seinem Vater – die Stimmung wechseln kann. Diese Dämonen rasseln in seinem Kopf, die Dämonen der Kindheit, die aber auch Teil seines Antriebs sind.

    Walter Isaacson, Biograf

    Walter Isaacson hat Musk zwei Jahre lang begleitet, hatte völligen Zugang. Er begleitete Musk auf Geschäftstermine wie auf private, sprach mit Freunden und Feinden und bekam so einzigartige Einblicke.
    Das Cover der deutschen Übersetzung des Buches "Elon Musk" mit einem Portraitfoto von Musk.
    Das Buch "Elon Musk" von Walter Isaacson erscheint am 12. September 2023.
    Quelle: C.Bertelsmann/dpa

    Musk unreif und gleichzeitig intellektuell ein Genie

    Eine Episode, meint der Autor in einem Exklusiv-Interview fürs deutsche Fernsehen, beschreibt am besten, wie Musk tickt.
    Es war Weihnachten nach der Übernahme der Social Media Plattform Twitter. Musk wollte die riesigen Server an einen anderen Ort bringen lassen und hörte, dass dies sechs Monate dauern würde. Er war gerade unterwegs und befahl seinem Piloten kurzerhand, umzukehren. Mit einigen Kumpels und mit Zangen bewaffnet, baute er persönlich die Server ab. Er zeigte einmal mehr, was möglich ist, wenn man es nur ausreichend will.
    Gleichzeitig beschreibt Isaacson Musk als persönlich unreif. Ein Kind gebliebener Mann, oft albern, aber intellektuell ein Genie.
    Gert Scobel
    Taugt Elon Musk als Vorbild oder schreckt uns sein narzisstisches Gebaren eher ab? 16.03.2023 | 19:48 min

    Musk will den Mars besiedeln

    Und Musk habe eine Mission: Er will nicht weniger, als die Menschheit retten. Seine Elektroautos sind die Antwort auf den Klimawandel. Sein Raumfahrtunternehmen SpaceX soll die Menschen ins All bringen, falls die Erde nicht zu retten ist.
    "Ich will den Mars besiedeln. Meine Lebensaufgabe ist es, aus der Menschheit eine multiplanetare Zivilisation zu machen", sagte Musk.

    Musk-Kritiker: Technologie ist Religion am nächsten

    Für Scott Galloway, Professor für Marketing an der New York University und Musk-Kritiker, leidet Musk an einem Gotteskomplex. Und die Gesellschaft nehme dies nur zu gerne an.
    "Wir suchen nicht mehr die Religion, um eine Leere zu füllen. Stattdessen schauen wir auf große Erfinder, denn Technologie ist, von allem, was wir haben, der Religion am nächsten. Sie ist mystisch und vermag ganz unglaubliche Dinge", so Galloway.

    Wenn Musk etwas tut, was wir nicht verstehen, denken wir, er spiele Schach, dabei spielt er vielleicht nur Halma.

    Scott Galloway, Professor für Marketing an der New York University

    Isaacson: Musk König des Spielplatzes Twitter

    Zu Musks Mission, die Menschheit retten zu müssen, passt die Übernahme von Twitter nicht. Biograf Walter Isaacson glaubt, dass er die Social Media Plattform aus einem Impuls heraus gekauft hat, der wiederum auf seine Kindheit zurückgeht.

    Er hat gelernt, zu schlagen, wenn er auf dem Spielplatz geschlagen wurde. Und Twitter ist gleichsam der Spielplatz der Welt.

    Walter Isaacson, Biograf

    "Man verprügelt dort keine Menschen, aber im übertragenen Sinne schon. Und indem er es kaufte, konnte er der König des Spielplatzes sein."

    Elon Musk leidet an Asperger-Syndrom

    Musk erläutert in der Biografie, dass er am Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus, leide. Er nähert sich Menschen vor allem analytisch, kann emotionale Signale schlechter wahrnehmen als andere. Er studiere Verhaltensmuster, erzählt ein Freund, um Gefühle wie Lebensfreude zu verstehen.
    Auf Walter Isaacson wirkt er, "als sei seine Marsmission der Versuch, nach Hause zurückzukehren, und sein Wunsch, humanoide Roboter zu bauen, die Suche nach Verwandtschaft. Man wäre nicht völlig entsetzt, wenn er sich das Hemd vom Leib risse und man sehen könnte, dass er keinen Nabel hat und nicht von diesem Planeten stammt".

    Galloway: Skepsis gegenüber der Macht von Musk

    Musk verfügt über viel Macht, mit seinen Starlink-Satelliten versorgt er die Ukraine aus dem All mit Internet, das er an- und abschalten kann.
    Und auf der Plattform X, vormals Twitter, macht er sich stark für radikale Redefreiheit, verschafft so aber auch Hetzern eine Bühne. Diese Konzentration von Macht wird in der Biografie nicht kritisch beleuchtet. Der Autor bleibt in einer neutralen Beobachterposition.
    Kritiker Scott Galloway beurteilt Musk aus einer größeren Distanz, hält ihn für so genial wie gefährlich:
    "Ich glaube, es gibt eine gesunde Skepsis gegenüber seiner Macht, ein Gefühl, dass er sich an bestimmte Normen nicht hält und man ihm nicht vertrauen kann."

    Ich denke, er wird eine der grundlegendsten Lektionen der menschlichen Geschichte zementieren: dass Macht korrumpiert.

    Scott Galloway, Professor für Marketing an der New York University

    Die Biografie nimmt uns mit auf eine Reise an die Kante der schroffen Klippe, auf der Elon Musk ständig steht. Und wir beobachten atemlos, in welche Richtung er geht.
    Claudia Bates ist ZDF-Korrespondentin in Washington D.C.

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