Luftwaffen-Chef Gerhartz: "Bis hierhin und nicht weiter"
Interview
Luftwaffen-Inspekteur :Gerhartz: "Bis hierhin und nicht weiter"
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Das "Air Defender"-Manöver sei nicht auf Eskalation ausgelegt, sagt Luftwaffen-Inspekteur Gerhartz bei ZDFheute. Er erwarte nicht, dass es zur Konfrontation über der Ostsee komme.
Sehen Sie hier die Sendung ZDFheute live in voller Länge. 12.06.2023 | 30:49 min
Es ist die größte Luftwaffenübung in der Geschichte der Nato: Das Manöver "Air Defender 2023" findet unter deutscher Führung statt und soll zehn Tage dauern. "Das sind heute im wesentlichen Eingewöhnungsflüge", sagt Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz über die heutige erste Übung bei ZDFheute live. 25 Nationen seien an dem Manöver beteiligt. "Bis jetzt klappt alles absolut reibungslos", so Gerhartz.
Eine Besonderheit: Einige Flugzeuge fliegen heute nach Litauen, "um den östlichen Ländern klar zu machen 'auch ihr seid Teil dieser Nato'".
Weitere Details zur Übung und über den Zustand der Deutschen Luftwaffe gibt Gerhartz im Interview entweder zum Anschauen hier im Video oder unten zusammengefasst:
Wie einsatzfähig ist die Deutsche Luftwaffe?
Geräte: Die Deutsche Luftwaffe verfüge in Teilen über hochmoderne Systeme mit einer hohen Einsatzbereitschaft, sagt Gerhartz.
Doch ältere Waffen-Systeme, wie das System Tornado oder bestimmte Hubschrauber seien veraltet. Das müsse in den nächsten Jahren modernisiert werden, dafür sei das Sondervermögen da.
Personal: "Wir in der Luftwaffe, wir haben auf unseren Positionen, top-ausgebildetes und gutes Personal", sagt Gerhartz. "Wenn ich mit anderen Nationen spreche, dann höre ich von Leuten, 'was ihr für tolles Personal habt. Ihr seid top ausgebildet.' Also, das ist auch, denke ich als starkes Statement." Dennoch müsse sich die Luftwaffe wie die meisten Bereiche der Gesellschaft auf Fachkräftemangel einstellen.
Finanzen: Das Sondervermögen sei "viel Geld" und müsse nun sinnvoll und schnell genutzt werden. Dennoch müsse man das als "Anschubfinanzierung" sehen, so Gerhartz. Es müsse die nächsten Jahre jährlich mitwachsen, damit das moderne Gerät, das über das Sondervermögen beschafft wurde auch betrieben werden kann. "Zum Beispiel im Bereich der Bewaffnung, der Munition haben wir in Teilen auch ein erhebliches Defizit."
Was ist der Zweck der Übung?
Im Fokus der Übung ist die Ostsee-Küste, erklärt der Luftwaffen-Inspekteur. Ein Teil der Übungsteilnehmer greife diesen Luftraum an, der andere Teil verteidige in der Simulation. So sei das auch in den anderen Übungsgebieten. Dort würden Städte geschützt, Häfen oder Flughäfen, alles was unter Kritischer Infrastruktur falle.
Air Defender 2023
Quelle: ZDF
Kann es sein, dass es durch die Übung zu einer russischen Konfrontation kommt?
"Wir hatten das in den letzten Monaten verstärkt, dass russische Flugzeuge unserem eigenen Luftraum über der Ostsee-Küste zu nahe kamen", ordnet Gerhartz ein. Trete dieser Fall ein, steigen bewaffnete Kampfflugzeuge auf, "um klar zu machen bis hierhin und nicht weiter".
"Ich denke nicht, dass wir da jetzt verstärkt mit diesen Flügen der russischen Luftstreitkräfte zu rechnen haben", sagt Luftwaffen-Inspekteur Gerhartz.
Dennoch müsse die Nato schon klar machen, dass sie Landes- und Bündnisverteidigung kann und dass das Nato-Territorium die rote Linie sei. "Das wesentliche Signal geht an uns selbst, auch an unsere Bevölkerung", sagt Gerhartz. "Dass wir in der Lage sind zu reagieren und dass wir das können".
Mit dem Blick auf Russland führt der Experte aus: "Es ist absolut inakzeptabel, dass man denkt, in diesen jetzigen Zeiten ein Europa zu meinen, Grenzen mit Gewalt zu verschieben".
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Victoria Reichelt.
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