Geschlechtseintrag ändern: Was ermöglicht das Selbstbestimmungsgesetz?
Die Bundesregierung hat nach langen Debatten das Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht binären Menschen wird es damit erleichtert, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu lassen.
Künftig reicht eine entsprechende Erklärung beim Standesamt, ob der Geschlechtseintrag "männlich", "weiblich" oder "divers" lauten soll. Buschmann warb für einen besonnenen Umgang mit den Änderungen. Es gehe um eine kleine Gruppe von Menschen, deren biologisches Geschlecht nicht mit ihrer sexuellen Identität übereinstimme.
Minderjährige ab 14 Jahren sollen mit Zustimmung der Eltern oder eines Familiengerichts die Erklärung zur Änderung ihres Vornamens und Geschlechtseintrags abgeben können. Für Kinder unter 14 Jahren können die Eltern eine Erklärung zum Geschlechtswechsel abgeben. Buschmann versicherte, bei einem verantwortungslosen Umgang von Eltern mit dieser Regelung habe der Staat Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
Selbstbestimmungsgesetz folgt auf Transsexuellengesetz
Das Selbstbestimmungsgesetz löst das seit mehr als 40 Jahren gültige Transsexuellengesetz ab, dass das Bundesverfassungsgericht in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt hat.
Welche Konsequenzen hat das Gesetz nun? Öffnen sich Türen für einen Missbrauch des Gesetzes? Welche rechtlichen Hürden gibt es? Darüber spricht ZDFheute live mit Aktivistin Julia Monro und Samuel Kirsch aus der ZDF-Redaktion Recht & Justiz.
Kritik am Selbstbestimmungsgesetz
Kritik am Selbstbestimmungsgesetz kommt aus der Opposition von Union und AfD. Frauenrechte würden durch die neuen Regeln in Gefahr gebracht. Eine Sorge: Ein Mann könne sich unter dem Vorwand, eine Transfrau zu sein, Zugang zur Frauensauna verschaffen.
Kritik gibt es auch daran, dass bereits 14-Jährige ihr Geschlecht ändern lassen können. Die Union wirft der Ampel-Koalition vor, den Kinder- und Jugendschutz zu schwächen. Die Ampel ignoriere die Bedenken von Medizinern, die davor warnten, dass Jugendliche in der Pubertät voreilige Entscheidungen treffen könnten.
Gesetzentwurf an einigen Stellen ergänzt
Der nun beschlossene Gesetzentwurf wurde um einige Punkte bereits ergänzt, um auf die öffentliche Kritik zu reagieren. So wurde eine sogenannte Meldeauflage in den Entwurf aufgenommen, die es Sicherheitsbehörden ermöglicht, die Identität von Personen nachzuverfolgen.
Das Gesetz sieht beispielsweise auch für den Spannungs- und Verteidigungsfall eine Sonderregelung vor. Wenn ein Änderungsantrag in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit einer drohenden Einberufung für einen Verteidigungsfall gestellt wird, soll vorübergehend die rechtliche Zuordnung zum männlichen Geschlecht bestehen bleiben.
Selbstbestimmungsgesetz: Unklar, wie viele Personen es in Anspruch nehmen
Das Gesetz soll vor allem Erleichterung für die betreffenden Personen schaffen. Denn die verpflichtenden Gutachten und Befragungen werden häufig als unangenehm beschrieben und das Verfahren ist langwierig und teuer.
Bisher ist unklar, wie viele Menschen dieses Gesetz überhaupt in Anspruch nehmen werden. Denn wie viele transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen in Deutschland leben, ist nicht bekannt. Schätzungen zufolge können es einige Zehntausend sein. Einen Anhaltspunkt bieten die Verfahren nach dem Transsexuellengesetz: 2021 haben rund 3.200 Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern lassen. Die Zahlen sind seit den 2010er Jahren gestiegen.
Mit Material von ZDF, dpa und epd.
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