"Russisches Gesetz" in Georgien: So groß ist Moskaus Einfluss
Das Parlament von Georgien hat ein Gesetz gebilligt, das für aus dem Ausland finanzierte Organisationen die Rechenschaftspflichten verschärft. In dritter und letzter Lesung stimmten die Abgeordneten in Tiflis für die Regelung, die Kritiker als "russisches Gesetz" bezeichnen.
Das Gesetz sieht vor, dass Medien, Nichtregierungsorganisationen und andere gemeinnützige Organisationen sich registrieren lassen müssen, wenn sie mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten und "die Interessen einer ausländischen Macht verfolgen".
Internationale Kritik am Gesetz
Kritiker sehen darin eindeutige Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland. Damit gingen die dortigen Behörden in den vergangenen Jahren massiv gegen kritische Medien und Organisationen vor. Auch die Vereinten Nationen, die USA und die EU haben die georgischen Gesetzespläne kritisiert.
Zehntausende Menschen demonstrieren seit Wochen gegen den Entwurf. Sie fürchten eine Knebelung der Zivilgesellschaft nach Moskauer Vorbild. "Trotz massiver Einschüchterungsversuche gehen die Leute in großer Zahl auf die Straße und sagen Nein zu dieser Russifizierung", sagte der SPD-Außenpolitiker Michael Roth.
Regierungspartei hat enge Beziehungen zu Russland
Die Regierungspartei Georgischer Traum habe bislang eine Schaukelpolitik zwischen Russland und der EU betrieben. Wenn EU-Beitrittsverhandlungen näher rückten, müsse die Regierung aber Reformen für mehr Rechtsstaatlichkeit und Freiheit einleiten. "Offenbar hat man vor diesem Weg Angst und ist auch bereit, dafür einen hohen Preis zu zahlen", so Roth.
Georgien liegt an der Südgrenze Russlands und damit an einer wichtigen weltpolitischen Frontlinie. Moskau kontrolliert die beiden abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien, die es als unabhängige Staaten anerkannt hat. Die georgische Regierungspartei pflegt enge Beziehungen zu Moskau.
Welche Auswirkungen hat das "russische Gesetz" in Georgien? Wie groß ist der Einfluss von Russlands Präsident Wladimir Putin im Nachbarland? Darüber spricht ZDFheute live mit ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Tiflis und Georgien-Experte Marcel Röthig von der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Bereits Anfang März 2023 wurde das Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" von der Regierungspartei Georgischer Traum ins Parlament eingebracht, jedoch kurz darauf nach gewaltsamen Protesten auf Eis gelegt. Wegen der "Spaltungen in der Gesellschaft", die durch den Gesetzentwurf ausgelöst worden seien, sei dieser zurückgezogen worden, erklärten die Regierungspartei und ihre Verbündeten damals.
84 Abgeordnete stimmten dafür
Ungeachtet der wochenlangen Proteste im Land und der Kritik aus Brüssel fand Anfang Mai die zweite Lesung statt, in der bereits eine Mehrheit für die Annahme des Gesetzentwurfs stimmte. Regierungschef Irakli Kobachidse kündigte vor der finalen Abstimmung an, dass das Parlament das zu erwartende Veto von Präsidentin Salome Surabischwili überstimmen werde. In der dritten Lesung stimmten am Dienstag 84 Abgeordnete für das Gesetz und 30 Abgeordnete dagegen.
Mit Material von dpa, AFP, AP.
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