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Dritte Lesung:Georgien: Parlament genehmigt "Agentengesetz"
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Die Massenproteste haben nichts genutzt: Das georgische Parlament hat das umstrittene Mediengesetz gebilligt, das Nichtregierungsorganisationen das Arbeiten erheblich erschwert.
Inmitten scharfer Proteste hat das georgische Parlament an diesem Dienstag nach der dritten Lesung das höchst umstrittene Mediengesetz verabschiedet. Dadurch wird für aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen die Rechenschaftspflicht verschärft. In dritter und letzter Lesung stimmten die Abgeordneten in Tiflis mit 84 Ja-Stimmen bei 30 Gegenstimmen für die Regelung.
Proteste begleiteten Abstimmung
Schon während die Abgeordneten noch vor der geplanten Schlussabstimmung debattierten, hatte am Morgen wieder eine große Menschenmenge vor dem Gebäude demonstriert. Ein großes Polizeiaufgebot war vor Ort.
Das von Oppositionsparteien und weiten Teilen der Zivilgesellschaft heftig kritisierte Gesetz sieht vor, dass sich Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, als "Agenten ausländischer Einflussnahme" registrieren lassen müssen. Die Kritiker sehen Parallelen zu einem ähnlichen Gesetz in Russland, mit dem die Regierung dort gegen Opposition und Teile der Gesellschaft vorgeht. Die Regierung sieht in der Gesetzesvorlage ein Mittel, um als schädlich empfundene ausländische Einflüsse auf die Innenpolitik zurückzudrängen und nicht näher erläuterte externe Akteure daran zu hindern, Georgien zu destabilisieren.
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Der Streit um das Gesetz gilt als richtungsweisend dafür, ob Georgien, das traditionell gute Beziehungen zum Westen pflegt, weiter auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union und der Nato hinarbeitet oder stattdessen die Beziehungen zu Russland verstärken will. Kritiker bezeichnen das Vorhaben als Bedrohung für die Medienfreiheit und die Bestrebungen des Landes, der EU beizutreten.
Georgischer Traum federführend
Präsidentin Salome Surabitschwili, die sich zunehmend mit der Regierungspartei überworfen hat, hat zwar ihr Veto gegen das Gesetz angekündigt. Die Regierungspartei Georgischer Traum verfügte aber über eine ausreichende Mehrheit, um ein Veto zu überstimmen.
Im Streit um die Vorlage lagen die Nerven im Parlament blank. Am Dienstag kam es dort während der Debatte zu einer Prügelei unter Abgeordneten. In den vergangenen Tagen sind etliche Demonstranten und Mitglieder der Opposition zusammengeschlagen worden.
In Kopenhagen mahnte EU-Ratspräsident Charles Michel auf einer Konferenz zum Thema Demokratie mit Blick auf Georgien, dass das Land fundamentale Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit sowie demokratische Prinzipien achten müsse, wenn es der EU beitreten wolle. Eine Verabschiedung stelle "ein ernsthaftes Hindernis für die europäische Perspektive Georgiens" dar, warnte ein EU-Sprecher die Regierung in Tiflis kurz vor der Verabschiedung. Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat.
Quelle: Reuters, AP, dpa, AFP
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