„Vor allem weibliche Angehörige kämpfen mit einem schlechten Gewissen“, erklärt Familiencoach Birgit Lambers. Vor allem Töchter fühlten sich oftmals schlecht, egal wie sehr sie sich um ihre kranken Eltern kümmern. „Männer hingegen gehen in der Regel pragmatischer mit Problemen um“, führt Lambers aus. Sie leiteten zum Beispiel häufiger Aufnahmen ins Pflegeheim ein.
Wegen des schlechten Gewissens kümmern sich viele bis über ihre Belastungsgrenze hinaus um ihre kranken Angehörigen – und ziehen viel zu spät die Reißleine. Die hohe Lebenserwartung und die heutigen Lebensbedingungen seien verantwortlich dafür, dass die lebenslange Pflege im Kreise der Angehörigen für viele nur sehr schwer realisierbar sei.
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Hilfe anbieten
Anzeichen dafür, dass Eltern Hilfe benötigen, gibt es viele. Birgit Lambers: „Sie werden langsamer, umständlicher, bekommen Angst vor Situationen, in denen sie zuvor ganz normal reagiert hätten.“ Sie rät dazu, die Eltern direkt anzusprechen und nachzufragen, ob Hilfe benötigt wird. Es sei nämlich typisch für Vertreter einer Generation, die Durchhaltevermögen gelernt hat, mit unangenehmen oder schlimmen Dingen so umzugehen, als seien es Kleinigkeiten.
Eigene Sorgen ansprechen
Probleme, die man bei den Eltern erkennt, sollten angesprochen werden, ohne dass Vorwürfe erhoben werden. „Sprechen Sie über Ihre Ängste und geben Sie ihnen die Möglichkeit, ohne Gesichtsverlust aus einer Situation herauszukommen“, sagt Lambers. Sie rät, nicht mit Verboten zu drohen, sondern aus der eigenen Perspektive zu sprechen, Vorschläge zu unterbreiten und zu versuchen, die Eltern davon zu überzeugen.
Beim Thema Führerschein zum Beispiel kochen schnell die Emotionen hoch. Man sollte den Eltern nicht pauschal absprechen, fahrtüchtig zu sein. „Mein Tipp: Fahren Sie mal mit“, sagt Lambers und rät, dabei im Hinterkopf zu behalten, dass ältere Menschen seltener fahren. Bei nachlassender Fahrleistung sei es besser, die Fahrtüchtigkeit zu trainieren, als ein Verbot auszusprechen. Überschätzen die Eltern tatsächlich ihre Fähigkeiten, sollte man den Hausarzt informieren. „Manchmal ist es besser, der Hausarzt als Fachmann sagt etwas“, so ihr Tipp.
Hilfe finden
Über Hilfsmöglichkeiten sollte man sich informieren, bevor man selbst völlig erschöpft ist. „Verabschieden Sie sich von der Pflicht und ersetzen Sie ‚ich muss‘ durch ‚ich will‘. Es ist auch für Ihre Eltern besser, wenn Sie sie unterstützen, weil Sie es gerne tun und nicht, weil Sie es müssen“, sagt Birgit Lambers. Ebenso sei es wichtig, die Eltern nicht zu unterschätzen, man könne ihnen oft mehr zutrauen als man denkt. Infomaterial gibt es im Netz, beispielsweise von der Bundesregierung, oder bei den kommunalen Pflegestützpunkten.