Lohnt es sich tatsächlich noch, mit gepackten Koffern an den Last-Minute-Schalter zu pirschen? Gibt es hier wirklich noch die Wahnsinns-Angebote wie in den 90er-Jahren? Oder fährt man mittlerweile genauso gut, wenn man im Netz oder Reisebüro buche?
Fest steht, Last-Minute ist noch immer eine Möglichkeit, um gutes Geld zu sparen, mit ein wenig Glück sogar bis zu 50 Prozent. Allerdings ist es nicht mehr so wie in den 90er-Jahren (in denen das Internet noch nicht so verbreitet war wie heute), dass man direkt am Flughafen zwingend die besten Schnäppchen macht. Letztendlich greifen alle auf dieselben Buchungsmaschinen zurück - egal, ob man als Privatperson online bucht, das Reisebüro oder eben der Last-Minute-Schalter am Flughafen (die Angebote werden dort nur mitunter häufiger aktualisiert).
Früh buchen wird immer beliebter
Dass der Last-Minute Boom der 90er vorbei ist, hat auch damit zu tun, dass die Tourismuskonzerne seit einigen Jahren aus Gründen der Planbarkeit verstärkt auf Frühbucherrabatte setzen. Die finanziellen Anreize für Frühbucher sind ähnlich wie bei Last-Minute-Angeboten. Je nach Zielgebiet und Angebot kann man mit bis zu 30 Prozent Rabatt rechnen.
Der Trend hat sich eindeutig zu den Frühbuchern verschoben, nicht nur wegen des attraktiven Preises, sondern letztlich auch wegen der besseren Planbarkeit für den Kunden. Wer ein bestimmtes Hotel sucht oder bestimmte Vorstellungen von Region oder Reiseart hat (wie ein Familienzimmer, Rutschen am Pool, Hotel direkt am Strand), sollte eher früh buchen. Bei frühen Buchungen ist auch die Auswahl größer. Gerade beliebte Hotels sind in der Ferienzeit schnell ausgebucht.
Die ‚Customer Journey‘
Längst beobachten und analysieren Reiseunternehmen das Buchungsverhalten der Kunden. Auch soziale Medien werden ausgewertet, um Reisenden individuelle Angebote unterbreiten zu können. Dazu erklärt Dr. Carsten Seeliger, Geschäftsführer von Thomas Cook:
Für den Veranstalter werden Kontingente dadurch besser und frühzeitiger planbar. Auch das ist einer der Gründe, warum nicht mehr ganz so viele Restposten auf dem Last-Minute-Markt landen wie noch in den 90ern.
Es lohnt sich immer noch!
Dennoch: Last-Minute-Reisen mit gutem Sparpotenzial sind längst nicht ausgestorben. Häufig ist aber das billigste Angebot nicht das günstigste, weil es beispielsweise keine Transfers enthält, die Zimmerkategorie nicht die beste ist, oder die Halbpension nicht mehr inbegriffen ist. Das sollte man unbedingt checken, bevor man bucht. Oft gibt es auch keine Direktflüge mehr. Dann kann es schon mal passieren, dass man sechs Stunden Zwischenstopp an einem Flughafen im Nirgendwo hat. Außerdem können die Rückflugzeiten sehr ungünstig sein (beispielsweise 6 Uhr morgens) und dadurch ganze Tage verloren gehen.
Last-Minute-Angebote gibt es in der Regel zwischen zwei und vier Wochen vor Abflug. Aber: Nicht hinter jedem Angebot muss ein Super-Preis stecken, nur weil „Last Minute" darauf steht. Der Begriff ist nicht geschützt und es kann durchaus vorkommen, dass der günstigste Katalogpreis eines Veranstalters preiswerter ist als der Last-Minute-Preis eines anderen, teuren Veranstalters.
Flexibilität gefragt
Je flexibler man in Bezug auf Ziel, Abflughafen, Reisezeitraum und Hotelkategorie ist, desto größer ist die Auswahl und auch die Wahrscheinlichkeit, ein besseres Preis-Leistungsverhältnis zu erhalten. So kann es sich durchaus lohnen, von einem weiter entfernten Flughafen in einem anderen Bundesland zu starten, wo die Ferien noch nicht angefangen haben oder schon zu Ende sind. Das kann auch schon mal 50 Euro pro Person ausmachen. Allerdings wird der Transfer zu einem anderen Abflughafen nicht von allen Reiseveranstaltern angeboten. Die Kosten dafür muss man mitunter selbst tragen.
Wichtig auch: Wer spontan in die Ferne fliegen will, sollte seinen Impfschutz und die Einreisebestimmungen des Ziellandes prüfen. Eine gute Quelle sind die Seiten des Auswärtigen Amtes.
Welche Reiseziele liegen im Last-Minute-Trend?
In diesem Jahr liegt ganz klar Griechenland im Trend. Viele Reiseziele im westlichen Mittelmeer wie beispielsweise Spanien (Balearen) sind weitgehend ausgebucht. Terroranschläge und die instabile politische Situation in einigen Ländern haben viele Reisende verunsichert. Langfristige Bucher haben Urlaubsländer wie Türkei, Tunesien und Ägypten weitgehend links liegen lassen. Nicht zuletzt deshalb gibt es aus diesen Ländern im Last-Minute-Geschäft viele und sehr günstige Angebote. Das scheint die Reisenden zu locken.
Dazu Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV) „Nordafrika, hier insbesondere Ägypten, Tunesien, auch Marokko, haben sich in den letzten zwei Jahren, auch schon nach dem Arabischen Frühling, nicht besonders gut entwickelt und sich nicht der größten Kundennachfrage erfreut. Erfreulicherweise sehen wir in diesem Jahr eine Umkehr dieses Trends, gerade Ägypten erfreut sich wieder eines sehr starken Kundeninteresses und hier haben wir prozentual sehr hohe Zuwachsraten zu verzeichnen. Auch in Tunesien liegen wir wieder deutlich im Plus, man muss allerdings zugeben, auf einem niedrigen Basiswert, die alte Stärke haben diese Länder noch nicht wieder erzielt, aber sie sind auf einem guten Weg.“
Achim Heise von L’tur sieht auch bei Last-Minute-Buchungen in die Türkei in den letzten Wochen eine Steigerung. Norbert Fiebig vom DRV bestätigt: „Die langfristigen Buchungen sind deutlich unter dem, was erwartet wird, aber im kurzfristigen Bereich hat die Türkei in den letzten Wochen deutlich gewonnen. Das hat einmal mit dem attraktiven Preis-Angebot zu tun und auch damit, dass andere Urlaubsziele derzeit überlaufen sind.“
Fazit
Wer flexibel ist und nicht planen muss, kann im Last-Minute Bereich Preisnachlässe von bis zu 50 Prozent ergattern. Für alle anderen - wie etwa Familien - sind Frühbucher-Rabatte eine Sparoption.