Allein in Deutschland erkranken derzeit jährlich insgesamt rund fünf Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Depressionen sind der zweithäufigste Grund für Ausfälle im Job. Seit dem Jahr 2000 sind die Fehltage wegen Depressionen um fast 70 Prozent gestiegen. Zu diesem Ergebnis kam 2015 der „Depressionsatlas“ der Techniker Krankenkasse. Demnach hängt das Risiko, eine Depression zu entwickeln, auch mit dem Beruf zusammen: Mitarbeiter von Callcentern, in der Altenpflege oder Erzieher sind besonders häufig betroffen. Frauen trifft es häufiger als Männer: Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe eines Lebens unter einer Depression zu leiden, liegt bei Männern zwischen 11 und 13 Prozent, bei Frauen zwischen 21 und 23 Prozent - das heißt, fast jede vierte Frau ist betroffen.
Möglichst frühe Diagnose
Häufig werden selbst schwere Depressionen erst Jahre später diagnostiziert - entweder, weil die Betroffenen nicht zum Arzt gehen oder weil Ärzte die Erkrankung nicht erkennen. Die Diagnose ist nicht ganz einfach. Es gibt verschiedene Depressionsformen, die in ihrer Art und Ausprägung sehr unterschiedlich sind. Typische Symptome einer Depression sind traurige Verstimmung, Interessenlosigkeit, Angst und Suizidgedanken. Das Leben erscheint ohne Perspektive. Auch rein körperliche Beschwerden können auftreten. Sie sind meist unspezifisch und reichen von Schlaf- und Verdauungsstörungen bis hin zu Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen. „Das Hauptproblem bei der Erkrankung ist, dass der Patient erst sehr spät selbst bemerkt, dass er an einer Depression erkrankt ist – und nicht nur an einer Befindlichkeitsstörung“, erklärt Gesundheitsexperte Dr. Christoph Specht.
„Sich mal traurig oder abgeschlagen zu fühlen, bedeutet nicht direkt, dass man an einer Depression leidet“, gibt der Experte zu bedenken. Erst wenn dieser Zustand über zwei Wochen anhalte, solle man hellhörig werden. Dr. Specht empfiehlt, möglichst früh professionelle Hilfe zu suchen, da die Behandlung dann leichter und erfolgversprechender ist. Eine Depression kann, wenn sie nicht richtig behandelt wird, Monate oder sogar Jahre andauern. Hat man bereits einmal eine Depression durchlebt, so besteht ein erhöhtes Risiko für das erneute Auftreten der Krankheit.
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Ärztliche Hilfe suchen
Für Betroffene ist zunächst der Hausarzt ein Ansprechpartner. Dieser kann feststellen, ob weitere Schritte eingeleitet werden müssen und den Patienten an einen Facharzt überweisen. Wichtige Anlaufstationen für Betroffene sind die sozialpsychiatrischen Dienste der Gesundheitsämter, darüber hinaus Ärzte, die sich mit psychischen Erkrankungen beschäftigen. Dazu zählen Fachärzte für Psychiatrie oder Neurologen.
Eine Depression kann heute meist erfolgreich behandelt werden. Bei leichten Formen reicht häufig schon eine Psychotherapie aus. In schweren Fällen dagegen müssen zusätzlich Medikamente eingesetzt werden. Die Behandlung einer Depression wird immer individuell auf den Patienten abgestimmt. In manchen Fällen kann auch ein stationärer Aufenthalt notwendig werden.
Den passenden Therapeuten finden
Eine geeignete Therapie zu finden, die auch zeitnah nach der Diagnose begonnen werden kann, ist meist schwierig. Schließlich ist hier nicht nur der Terminkalender des Arztes wichtig. Es kommt vor allem darauf an, dass die Chemie zwischen Arzt und Patient stimmt. „In der Stadt sind die Chancen besser als auf dem Land“, sagt Dr. Christoph Specht. Oftmals müssen Kassenpatienten auf Ärzte ausweichen, die nur privat abrechnen – dann haben sie aber keinen Anspruch darauf, dass die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. „Ausnahme ist allerdings, wenn man nachweisen kann, dass trotz mehrerer Nachfragen kein Termin bei einem kassenärztlichen Therapeuten verfügbar war. Zudem muss eine Bescheinigung vom Haus- oder Facharzt vorliegen, dass eine psychotherapeutische Behandlung notwendig ist“, weiß Dr. Specht. Wichtig: Die Kasse muss vor der Behandlung über diesen Schritt informiert werden - nicht währenddessen.
Um den passenden Therapeuten zu finden, braucht man im Zweifelsfall mehrere Anläufe. „Hilfreich sind Empfehlungen von Bekannten, denen man vertraut – oder aber man fragt den Hausarzt. Aber auch solch eine Empfehlung kann schiefgehen“, so Dr. Christoph Specht. Internet-Foren sind problematischer als persönliche Empfehlungen, da jeder Mensch anders ist. In akuten Fällen (zum Beispiel bei bipolaren Störungen mit Suizidgefahr) sollte man sich an sogenannte Kriseninterventionszentren wenden, im Notfall auch an die Ambulanz einer psychiatrischen Klinik. Im Vorfeld einer Therapie oder auch therapiebegleitend kann man Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe suchen. Aber: Wenn noch keine richtige Diagnose vorliegt, kann die Selbsthilfegruppe sogar kontraproduktiv sein, da sie im schlimmsten Fall an den Therapiebedürfnissen des Patienten vorbeigeht.
Weiterführende Informationen:
Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Info-Telefon: 0800 33 44 533 (Mo., Di., Do. 13-17 Uhr, Mi., Fr. 08:30-12:30 Uhr)
Telefonseelsorge
0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222