Diabetes ist eine Stoffwechselstörung des Zuckerhaushalts. Dabei spielt das Hormon Insulin eine zentrale Rolle. Es leitet den Traubenzucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen weiter, wo er als Energielieferant gebraucht wird. Diabetiker produzieren entweder kein Insulin mehr, weil das Immunsystem dies verhindert (Typ-1-Diabetiker) oder die Körperzellen sprechen immer schlechter auf das Insulin an (Typ-2-Diabetiker). Um ungesunde „Zuckerstaus“ oder auch gefährliche Unterzuckerungen zu vermeiden, müssen Diabetiker deshalb über ihre Blutzuckerwerte Bescheid wissen.
Blutzuckermessung: Häufigkeit und Probleme
Wie oft Diabetiker ihren Blutzucker kontrollieren müssen, hängt ab von der Art des Diabetes, der Therapieform und der Häufigkeit von Schwankungen. Für einige Typ-2-Diabetiker kann es ausreichend sein, den Blutzucker und den Blutzucker-Langzeitwert (HbA1c) regelmäßig vom Arzt messen zu lassen. In der Regel übernimmt die Blutzuckermessung aber der Patient selbst – per Blutzuckermessgerät und Teststreifen. Besonders häufig müssen Diabetiker, die eine intensivierte Insulintherapie brauchen, ihren Blutzucker messen: etwa vier bis acht Mal täglich, weil sie anhand der Werte, die zu spritzende Dosis Insulin berechnen.
Das Problem: Viele Patienten führen die Messungen nicht so häufig durch, wie sie eigentlich sollten. Vor allem, weil das Blutzuckermessen als lästig, im Alltag unpraktisch oder zeitaufwendig empfunden wird. Hinzu kommt, dass Diabetiker in bestimmten Situationen tatsächlich keinen Blutzucker messen können (z.B. während des Schlafens, beim Sport, bei der Ausübung bestimmter Berufe, etc.), was die Therapie erschweren kann. Medizintechnik-Unternehmen forschen deshalb seit Jahren an neuen, möglichst schmerzfreien Messmethoden, die den Glukosegehalt im Körper kontinuierlich überwachen. In den vergangenen Jahren hat sich besonders die Gewebezuckermessung stark weiterentwickelt und verbessert – und der Diabetestherapie neue Möglichkeiten eröffnet.
Kontinuierliche Glukosemessung (CGM) mit Gewebezucker
Systeme zur Gewebezuckermessung messen den Zuckergehalt nicht im Blut, sondern in der Gewebsflüssigkeit im Unterhautfettgewebe. Hierzu führt sich der Patient mit einer Setzhilfe einen Sensor unter die Haut ein (meistens am Bauch oder Oberarm), der dann kontinuierlich im Abstand von wenigen Minuten den aktuellen Glukosegehalt misst und die Werte drahtlos übermittelt – zum Beispiel an ein gesondertes Empfangsgerät, ein Smartphone, eine Smartwatch oder eine Insulinpumpe. Der Sensor muss nach Ablauf der Lebensdauer (je nach Modell etwa alle fünf bis 14 Tage) entfernt und durch einen neuen ersetzt werden.
Auf dem Display des Empfangsgeräts erscheinen zusätzlich zu den aktuellen Messwerten auch Trendpfeile, in welche Richtung sich der Glukosespiegel gerade entwickelt; das kann helfen, herannahende Über- oder Unterzuckerungen früher zu erkennen und zu vermeiden. Die meisten Modelle verfügen auch über eine Alarmfunktion, sodass der Patient automatisch informiert wird, wenn der Glukosegehalt individuell festgelegte Grenzwerte über- oder unterschreitet. Besonders wichtig: Die Vielzahl von Messwerten (Tagesprofile) kann der behandelnde Arzt elektronisch auswerten und zur besseren Einstellung der Therapie verwenden.
Bei der Interpretation der Werte ist zu beachten, dass der Gewebezuckergehalt dem Blutzuckergehalt zwar sehr ähnlich ist, aber mit einer Verzögerung von etwa fünf bis zehn Minuten steigt oder sinkt, was sich vor allem bei raschen Glukosespiegelveränderungen auswirken kann. Zwar gelingt es den Herstellern immer besser, die Unterschiede mit Algorithmen herauszurechnen, trotzdem sollten die Anwender regelmäßig Kontrollmessungen durchführen. Systeme mit Alarmfunktion müssen ohnehin zwei Mal täglich per Blutzuckermessung kalibriert werden. Geräte ohne Alarmfunktion müssen nicht kalibriert werden, dennoch werden aufgrund möglicher Abweichungen tägliche Kontrollmessungen empfohlen.
Kostenübernahme
Nach einem Beschluss des G-BA von 2016 müssen die sogenannten CGM-Systeme mit Alarmfunktion unter bestimmten Voraussetzungen als Kassenleistung gewährt werden. Dies betrifft vor allem Patienten, die eine intensivierte Insulintherapie oder Insulinpumpe benötigen. Der behandelnde Arzt muss außerdem eine medizinische Notwendigkeit feststellen, weil die „individuellen Therapieziele zur Stoffwechseleinstellung auch bei Beachtung der jeweiligen Lebenssituation“ bislang nicht erreicht werden konnten. Andere, günstigere Therapieoptionen müssen erfolglos ausgeschöpft oder aufgrund fehlender Wirksamkeit ausgeschlossen worden sein. Der Patient muss außerdem eine Schulung zur Gewebezuckermessung absolvieren.
Geräte ohne Alarmfunktion fallen nicht unter den Beschluss, werden von einigen Krankenkassen aber als freiwillige Leistung erstattet. Privat Versicherte sollten generell prüfen, ob die Versicherung ein Hilfsmittelverzeichnis hat, indem CGM-Systeme aufgenommen sind.
Datenschutz
Kontinuierliche Glukosewerte sind sensible Krankheitsdaten und erlauben möglicherweise auch Rückschlüsse auf Bewegungs- und Essverhalten. Laut Vorgabe des G-BA dürfen nur Geräte verordnet werden, wenn damit eine Nutzung der Daten „ohne Zugriff Dritter, insbesondere der Hersteller, möglich ist.“ Diese Daten dürfen „allein zum Zwecke der Behandlung“ der Patienten dienen. Patienten, die ein System nutzen, bei dem Daten direkt in eine internetbasierte Akte gesendet werden, sollten darauf achten, ob die Daten vor der Übermittlung sicher verschlüsselt werden.