Viele Visionäre nehmen das selbst in die Hand: In Basel engagieren sie sich für eine neue Bodenpolitik, mit entschlackten Bauvorschriften schaffen sie in Holland schnell günstigen Wohnraum, und in Heidelberg bauen Studenten ein ganzes Wohnheim.
"Wir haben keinen günstigen Wohnraum für uns gefunden. Also haben wir gesagt: Das machen wir einfach selbst. Eine ganz schön dumme Idee", schmunzelt Karl Kraus vom Collegium Academicum. Das ist eine etwa 30-köpfige Studentengruppe aus Heidelberg. Vor acht Jahren hatten sie die Idee, aber kaum Eigenmittel. So suchten sie neben den üblichen Bankkrediten nach anderen Lösungen: zum Beispiel Direktkredite. Über zwei Millionen Euro haben sie von privaten Förderern schon eingesammelt. Baukosten insgesamt: 19 Millionen.
Mittlerweile steht der Rohbau, doch tagtäglich gibt es neue Herausforderungen. Können sie die verschiebbaren Wände selbst machen und einbauen? Architekt Hans Drexler sieht darin das Geheimnis, wie man überall bezahlbaren Wohnraum schaffen kann: "Die Grundrisse müssen anpassungsfähig sein, damit die Gebäude lange Zeit genutzt und damit günstiger werden. Später können so in den flexiblen Räumen auch Senioren oder Familien wohnen.
Letztere finden in deutschen Städten oft überhaupt keinen bezahlbaren Wohnraum und drängen in Neubaugebiete aufs Land. Doch in den Ortskernen herrscht dort oft Leerstand. Der sogenannte Donut-Effekt. Ein Dilemma und Wahlkampfthema. Im oberpfälzischen Waldsassen will der Bürgermeister Bernd Sommer Vorbild auch für andere Gemeinden sein. Er lässt alte Häuser im Ortskern sanieren und tüftelt an neuen Lösungen, um zum Beispiel ein Wohngebiet aus den 50er-Jahren geschickt weiter zu nutzen. Er ist überzeugt: "Wenn wir keine attraktiven Wohnungen auf dem Land schaffen, drängen noch mehr Leute in die Städte."
Dort verschärfen vor allem Spekulanten die Situation. Sie treiben die Preise für Bauland nach oben. Bis zu 80 Prozent der Gesamtbaukosten muss man vielerorts in München allein für den Grund zahlen. Im schweizerischen Kanton Basel-Stadt schraubte sich die Preisspirale ähnlich nach oben. Doch dort wehrten sich die Bürger in mehreren Volksentscheiden. "plan b." begleitet Mitinitiator Klaus Hubmann von der Stiftung Habitat und Genossenschaftsaktivist Ivo Balmer. Sie nehmen mit dieser neuen Bodeninitiative den Kanton in die Pflicht. Er darf seinen Grund und Boden nicht mehr verkaufen, sondern muss dazukaufen. Auf diesem Boden können dann auch Genossenschaften bauen, ohne ihn direkt zu besitzen. Das Erbbaurecht macht es möglich. Wie in Lysbüchel-Süd. Durch Balmers und Hubmanns Hilfe konnte dort das Wohnhaus Abakus entstehen. Die ersten Mieter sollen jetzt einziehen. Gleich nebenan, auf dem Areal "Volta Nord", ist die Bodenfrage komplizierter. In einer Begehung mit Regierungsrätin Tanja Soland wollen Balmer und Hubmann eine Lösung finden.
In der Schweiz ist ein Neubau teuer. Schuld sind auch die detaillierten Bauvorschriften. In Holland hat man sie vor gut zehn Jahren entschlackt. Die Folge: Es kann schneller und günstiger gebaut werden. Die deutsch-niederländischen Architekten Matthias Rottmann und Erik Roerdink bauen in Groningen ein ganzes Quartier neu und fragen immer wieder: "Kann man nicht vielleicht etwas weglassen? Kann man einfacher bauen?" Getreu dem Motto: "Weniger ist mehr!" Gefordert ist nicht weniger Qualität, sondern auch ein Mentalitätswandel. Die Deutschen bauen fürs Leben, die Niederländer für den nächsten Lebensabschnitt. Auch ein Schlüssel für bezahlbaren Wohnraum.