Zusammenarbeit auf Augenhöhe statt Mitleid und Spenden ist der Leitgedanke, der immer mehr Engagierte antreibt. Sie wollen mit fairen Geschäftsbeziehungen wirtschaftliche Unabhängigkeit fördern und helfen, nachhaltige Strukturen aufzubauen.
Till Wahnbaeck war Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe. Heute nutzt er Instrumente der Wirtschaft für die Entwicklungshilfe: "Es gibt viele gute Unternehmen, die geduldiges Geld brauchen, um zu wachsen", sagt Wahnbaeck, "aber Investoren suchen die schnelle Rendite." Um diese Lücke zu schließen, gründete der Sozialunternehmer Impacc, eine sogenannte Social Business NGO, die Investoren und Geldgeber mit vielversprechenden Start-up-Unternehmen in Afrika zusammenbringt. Diese bekommen durch einen langfristigen Kredit die Chance, ihre Ideen zu verwirklichen. Eine junge Gründerin, die auf die Finanzierung durch Impacc setzt, ist Nzambi Matee aus Nairobi. Die studierte Materialwissenschaftlerin produziert mit ihrer Firma Gjenge Makers Steine aus recyceltem Plastik und Sand. Auf diese Weise kann sie einen günstigen Baustoff auf den Markt bringen und Einheimischen einen guten Lohn fürs Sammeln des Rohstoffs zahlen. Gleichzeitig hilft sie mit ihrem Business, die Straßen Kenias von Müll zu befreien.
Die jungen Gründer Tibor Sprick und Christoph Dillenburger wollen mit fairen Geschäftsbeziehungen Verbesserungen in Afrika bewirken. Dazu haben die beiden Saarbrücker das BlueFuture Project gegründet. Unter dieser Marke vertreiben sie in ihrer Heimatregion im Südwesten Deutschlands ein Mineralwasser. Die Gewinne daraus investieren sie in das Projekt ihres Partners Askwar Hilonga in Tansania. Der Ingenieur hat einen preisgekrönten Wasserfilter entwickelt, mit dem sich auch in den abgelegensten Regionen des Landes aus verunreinigtem Wasser gutes Trinkwasser herstellen lässt, ganz ohne Strom und Chemikalien. Das Projekt unterhält außerdem ein Netzwerk aus Franchise-Kioske, an dem vornehmlich Frauen das gefilterte Wasser verkaufen und so für sich und ihre Familien ein Einkommen erarbeiten, das sie wirtschaftlich unabhängig macht. "Wir kommen nicht als Wohltäter", sagt Tibor Sprick, der quer durchs Land reist, um zu erfahren, wie das System in der Praxis funktioniert. "Wir sehen vor allem die Leistung der hart arbeitenden Menschen hier."
Dieser neue Geist zieht inzwischen auch bei einigen großen Hilfsorganisationen ein. So hat das World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen den Innovation Accelerator gegründet, der mit Start-up-Methoden an neuen Lösungen für die humanitäre Hilfe arbeitet. Jedes Jahr landen in der Zentrale in München Hunderte Projektvorschläge aus aller Welt. Die besten durchlaufen einen Qualifizierungsprozess. Wer am Ende mit seiner Idee überzeugt, bekommt Unterstützung vom WFP. Eine solche Idee ist das Hydrokulturprojekt H2Grow, das mithilfe von Projektmanagerin Manuela Zierau weiterentwickelt wird. H2Grow arbeitet ohne Erde, benötigt sehr wenig Wasser und lässt sich ohne Hightech mit einfachsten Mitteln wie zum Beispiel alten Ölkanistern oder Plastikplanen einsetzen. Perfekt also, um auch in sehr trockenen und armen Regionen der Welt frisches Gemüse anzubauen. "Mir ist wichtig, dass die Projekte sich selbst tragen und die Menschen vor Ort die Lösungen finden", erklärt Zierau bei einem Besuch an der der Gwembe Primary und Secondary School in Sambia, wo das Projekt bereits mit Erfolg umgesetzt wird und zur gesunden Ernährung der Schulkinder beiträgt.
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Autor und Kameramann