Vier Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. Doch für sie gibt es Hoffnung: Eine bessere Vernetzung, neues medizinisches Wissen und eine informierte Öffentlichkeit können helfen.
Schon als Kleinkind bekam Angelina die Diagnose Rheuma. Doch so richtig passten die Symptome nie. Trotzdem folgten zahlreiche Behandlungen und Operationen. Nichts half dauerhaft. Aber Angelina gab nicht auf und landete schließlich bei Prof. Ralf Oheim und Dr. Nicole Muschol am Centrum für Seltene Erkrankungen im Universitätsklinikum Hamburg. Ihre jahrelangen Zweifel erwiesen sich als richtig. Das Ärzteteam konnte bei der 33-Jährigen die seltene Krankheit Mukopolysaccharidose feststellen: eine Speicherkrankheit, bei der sich Zuckermoleküle nicht normal abbauen, sondern im Körpergewebe ansammeln. Die Diagnose macht Mut, denn ihre Krankheit ist mit einer speziellen Therapie behandelbar.
Das größte Problem bei seltenen Krankheiten ist noch immer die lange Zeit bis zu einer Diagnose. Fast fünf Jahre dauert es im Schnitt. Um das zu verkürzen, setzt das Frankfurter Referenzzentrum für Seltene Krankheiten (FRZSE) auf ein ungewöhnliches Modell: Studierende leisten medizinische Detektivarbeit – mit frischem, unvoreingenommenem Blick. Studentin Emily Brandt und Kommilitone Firat Erinc kümmern sich in Frankfurt um die Fälle, bei denen andere Ärzte nicht mehr weiterwissen. Für die beiden ist das eine verantwortungsvolle Aufgabe, aber auch ein wichtiges Training für die Zukunft.
In Frankreich ist das Thema präsenter. Und das vor allem dank der Organisation AFM Téléthon. 1958 wurde sie als Patientenvereinigung für Betroffene mit seltenen neuromuskulären Erkrankungen gegründet. Daraus ist ein landesweit bekanntes Organisations- und Forschungsnetzwerk entstanden, das im Alltag unterstützt, aber auch in eigenen Laboren zu Medikamenten und Therapiemöglichkeiten forscht. Das Besondere: AFM wird ausschließlich von Spenden finanziert und zu einem großen Teil von Freiwilligen getragen. Das Highlight jedes Jahr ist der Téléthon: ein 30-stündiger Spendenmarathon im französischen Fernsehen. Jérôme Nicolas ist jedes Jahr dabei. Schon als Kind hat er Kuchen für Spendenaktionen gebacken. Derzeit leitet er die "DNA-Schule". Für ihn ist die Mission klar: die Öffentlichkeit über seltene Krankheiten aufklären.
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Autorin und Regisseurin