Engagement für die Gesellschaft
Was 1992 in Rio de Janeiro auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung begann, findet 23 Jahre später 2015 in Paris einen historischen Abschluss. Erstmals einigen sich 195 Länder auf ein gemeinsames, globales Abkommen zum Schutz des Klimas. Die ZDF-Umweltredaktion hat von Anfang an kontinuierlich über die klimapolitische Entwicklung berichtet.
Basis für das Abkommen von Paris ist die UN-Rahmenkonvention zum Schutz des Klimas. Sie wurde 1992 von den an der Konferenz in Rio beteiligten Staaten angenommen. Damals herrschte großer Optimismus: Die Berliner Mauer war gefallen, der Eiserne Vorhang hob sich und der Kalte Krieg kam zum Erliegen. Ökobewegte Menschen forderten, dass die vielen Milliarden, die bis dahin in militärische Abschreckung investiert wurden, nun als eine Art Friedensdividende der nachhaltigen Entwicklung der Welt und eben auch dem Klimaschutz zugute kommen sollten. Die Forderung war schlicht naiv.
Lobbyisten der Öl- und Stahlindustrie trieben damals vor allem die US-Regierung vor sich her. Was bei Präsident George Bush (sen.) auch nicht auf allzu großen Widerstand stieß, war er doch selbst vor seiner Zeit als Staatsoberhaupt erfolgreich in der Ölindustrie tätig. Wer den Pfad der fossilen Energieträger verlässt, der steuert geradewegs ins Verderben, so lautetendamals die gängigen Parolen. Auf diese Weise fehlten den noch sehr jungen erneuerbaren Energien wichtige Impulse, nämlich die aus dem größten Wirtschaftsraum der Welt, den USA.
Kioto
1997 kam es dann auf der dritten Weltklimakonferenz im japanischen Kioto zur Verabschiedung des gleichnamigen Protokolls. Darin: nur Klimaschutzverpflichtungen der Industrieländer. Die Entwicklungs- und Schwellenländer wurden noch nicht einmal ansatzweise dahingehend erwähnt, dass auf sie eines Tages auch entsprechende Verpflichtungen zukommen könnten. Die Argumentationslinie der Entwicklungsländer war einfach und klar: Die reichen Länder des Nordens hätten das Klimaproblem ganz allein verursacht. Deshalb müssten sie es auch wieder in Ordnung bringen. In der Zwischenzeit wollten die armen Länder ebenfalls wirtschaftlich wachsen und reich werden – zumeist auf Basis fossiler Energien.
Niemand konnte sich 1997 vorstellen, dass China jemals der größte CO2-Emittent der Welt werden würde, niemand glaubte damals an ein derart rasantes Wirtschaftswachstum in Asien. Und da China auf gewaltigen Kohlevorräten sitzt, die billig auszubeuten sind, verschärfte sich die Klimaproblematik in erschreckender Weise. Das Kioto-Protokoll hat darauf keine Antwort, letztlich ist es an seinem Geburtsfehler gescheitert, Industrie- und Entwicklungsländer strikt zu trennen.
Diese Schwäche auszugleichen und Wege zu finden, um vor allem die USA zu mehr Klimaschutz zu bewegen, waren die zentralen Themen der globalen Klimapolitik in den Jahren nach Kioto. Formal zeigte sich das im Zustandekommen der Ad Hoc Working Group on the Durban Platform for Enhanced Action (ADP) auf der Klimakonferenz im südafrikanischen Durban im Dezember 2011. Das Mandat der Gruppe lautete, ein neues Klimaschutzabkommen zu erarbeiten, eines, dem alle Länder beitreten könnten.
Paris
Nach vielen Rückschlägen war es dann 2015 in Paris soweit: Die Arbeitsgruppe präsentierte ein entsprechendes Papier. Zuvor allerdings hatten die USA und China erfolgreiche bilaterale Gespräche geführt, um alte Fronten aufzubrechen. Dann hatte der G7-Gipfel auf Schloss Elmau wichtige Klimathemen auf die höchste politische Agenda gesetzt. Nichtregierungsorganisationen, also die Umweltverbände und Klimaschutzverfechter, hatten nicht nachgelassen, Druck auf die Politik auszuüben. Und, nicht zuletzt, haben das ZDF und andere Medien Klimaschutzfragen weiterhin stets kritisch begleitet und für die Öffentlichkeit transparent gemacht.
planet.e
"planet e.", die Dokureihe der ZDF-Umweltredaktion, zeigte im Umfeld der Pariser Konferenz drei Dokumentationen zu Klimafragen. Themen waren die dramatische Veränderung der arktischen Ökologie aufgrund der Klimaerwärmung, eine kritische Betrachtung der Idee, mit großtechnischen Mitteln (Climate Engineering) das Klima positiv zu beeinflussen, sowie eine Dokumentation über Klimaflüchtlinge. Die tägliche Wissenschaftsreihe in 3sat, "nano", informierte mit zwei Sonderausgaben über vielfältige Aspekte des Klimawandels. "Terra Xpress" berichtete über Tornados in Deutschland. Die Kindernachrichtensendung "logo!" brachte den jungen Zuschauern die Klimakonferenz in einer Sonderausgabe näher.
"Leschs Kosmos" befasste sich mit so genannten Klimalügen. In den aktuellen Sendungen konnten die ZDF-Zuschauer zwei Wochen lang die Verhandlungen in Paris auf dem Bildschirm und auf den Internetseiten von heute.de verfolgen. Etliche Film- und Hintergrundberichte, darunter eine tägliche Serie in "heute+", und viele Liveschaltungen nach Paris, transportierten den Fortschritt der Verhandlungen. Ein exklusives Online-Interview mit dem Direktor des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, stellte den Zusammenhang her mit den im Herbst des Jahres verabschiedeten, neuen sogenannten Millenniumszielen. Sie und das Abkommen von Paris werden die Welt verändern, so die Botschaft des weltweit höchstrangigen Umweltschützers. Und die ZDF-Zuschauer konnten miterlebten, wie der grüne Hammer fiel, mit dem der Präsident der Klimakonferenz, der französische Außenminister Laurent Fabius, das Zustandekommen des Abkommens besiegelte.
Fürwahr ein historischer Moment, der einen Wendepunkt in der globalen Klimapolitik markiert. Denn spätestens als in der Schlussphase der Verhandlungen plötzlich Ländervertreter gemeinsam am Tisch saßen, die bis dahin nicht wirklich miteinander reden wollten, deutete sich der erhoffte Strategiewechsel in der globalen Klimapolitik an. Die große, neue Allianz der ambitionierten Klimaschutzstaaten: quer durch die Länderlandschaft hindurch, Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer. Mexiko, Ghana, die EU, Deutschland, die kleinen pazifischen Inselstaaten und, wohl die größte Überraschung, die USA. Nie zuvor auf einer der vorherigen 20 Klimakonferenzen hat sich der amerikanische Verhandlungsleiter öffentlich zusammen mit einer solchen Ländergruppe gezeigt.
John Kerry, der amerikanische Außenminister, berichtete in Paris schon vor Annahme des Abkommens, dass bereits rund 650 Milliarden Dollar an Finanzzusagen als Investment in erneuerbare Energien und in die sogenannte Green Economy zusammengekommen seien. Nicht von irgendwem, sondern von Weltkonzernen und den großen Investment- und Entwicklungsbanken. Neue Märkte also könnten sich auftun, weil angenommen werden darf, dass die Technologien rund um erneuerbare Energien vor einem bisher ungekannten Boom stehen. Nie zuvor haben sich 195 Länder plus die EU dazu bekannt, fortan die Energieversorgung ihrer Volkswirtschaften auf Wind-, Sonnen- und Biomasseenergie auszurichten. Sozusagen im Gleichschritt in Richtung globale Energiewende.
Also war Paris auch eine Wirtschaftskonferenz. Und eine Friedenskonferenz obendrein. Im Angesicht der Krisen dieser Welt, des Terrors, der Kriege, der Flüchtlinge: Wer hätte es für möglich gehalten, dass sich die Weltstaatengemeinschaft auf eine gemeinsame politische Ausrichtung in einem überlebenswichtigen Sektor einigt? Paris ist auch – oder vor allem – der Einstieg in ein neues Zeitalter. Die alte Trennung Industrieländer – Entwicklungsländer ist klimapolitische Geschichte. Jetzt gibt es auch keine »von oben« verordneten Klimaschutzmaßnahmen mehr wie noch im Kioto- Protokoll. Jedes Land bringt sich ein, ganz nach den jeweiligen Möglichkeiten. Lasten und Vorteile sollen gerecht verteilt werden.
So weit reicht die Erfolgsgeschichte von Paris. Jetzt aber kommt es darauf an, dass mindestens 55 Länder, die 55 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes repräsentieren, auch die Kraft haben, das Abkommen zu ratifizieren, damit es verbindlich in Kraft treten kann. Ob sich daraus dann ein Impuls für mehr Dynamik in der globalen nachhaltigen Entwicklung ergibt – diese spannende Frage wird in den kommenden Jahren immer wieder Gegenstand der weiteren Berichterstattung im ZDF sein.