Beeinträchtigt ist, wer im Rollstuhl sitzt. Doch nicht immer sind die Beeinträchtigungen durch eine Schwerbehinderung auf den ersten Blick sichtbar: So können auch chronische Krankheiten wie Asthma, Allergien, Neurodermitis oder Kopfschmerzkrankheiten unter bestimmten Umständen als Schwerbehinderung gelten.
Oft wissen Betroffene nicht, dass auch sie Anspruch auf einen Ausweis und die damit verbundenen Nachteilsausgleiche haben. Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. Mit 88 Prozent wurde der überwiegende Teil der Behinderungen durch eine Krankheit verursacht.
Wer gilt als schwerbehindert?
Grundsätzlich gilt: Schwerbehindert ist, wer vom Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von mehr als 50 ausgestellt bekommt. Der Grad der Behinderung richtet sich nach den Einschränkungen, die die Behinderung auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hat.
Liegt dieser Grad bei 50 oder höher, besteht Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, der mit sogenannten Nachteilsausgleichen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll.
Wie Sie den Schwerbehindertenausweis beantragen
- Den Antrag stellen Sie bei Ihrem zuständigen Versorgungsamt; die jeweilige Adresse können Sie beim Bürgeramt ihrer Stadt erfragen. Die Formulare können Sie entweder bei den Landesstellen oder direkt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales herunterladen.
- Sprechen Sie mit ihren behandelnden Ärzten, sammeln Sie Unterlagen, Arztbriefe und Berichte und vergessen Sie nicht, ihre Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.
- Konzentrieren Sie sich in dem Antrag auf die Nachteile, die Sie durch ihre Krankheit oder ihre Behinderung im Alltag erleben – diese sind wichtiger als Diagnosen und Befunde.
- Lassen Sie sich beraten! Zum Beispiel beim Sozialverband VdK oder bei Verbänden und Selbsthilfegruppen der entsprechenden Krankheiten.
Was auf dem Schwerbehindertenausweis drauf steht
Auf dem Schwerbehindertenausweis sind der Grad der Behinderung (GdB), sowie gegebenenfalls ein Merkzeichen für die Art der Behinderung und die gesundheitlichen Merkmale angegeben.
- Zum Beispiel G = Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr eingeschränkt
- Bl = Blind
- oder B= Berechtigt zur Mitnahme einer Begleitperson.
Auch die Gültigkeitsdauer des Ausweises ist hier vermerkt. In der Regel ist der Schwerbehindertenausweis längstens fünf Jahre gültig – und kann am Ende der Gültigkeit verlängert werden. Ist eine Veränderung der gesundheitlichen Situation nicht zu erwarten, kann ein Schwerbehindertenausweis auch unbefristet ausgestellt werden.
Diese Nachteilsausgleiche stehen ihnen zu
Wurde ihr Antrag auf Schwerbehinderung bewilligt, stehen ihnen je nach Grad der Behinderung und Merkzeichen unterschiedliche Nachteilsausgleiche zu, wie zum Beispiel steuerliche Vergünstigungen. Menschen mit einer Schwerbehinderung können festgesetzte Freibeträge in Form eines Behindertenpauschbetrags in der Steuererklärung geltend machen. Informieren Sie sich dazu bei ihrem Steuerberater oder beim Finanzamt.
Gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche
Gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche können auch
- Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr
- oder der KfZ-Steuer,
- Mobilitätshilfen,
- Parken auf ausgewiesenen Parkplätzen
- oder aber Befreiung der Rundfunkgebührenpflicht bedeuten.
Allerdings kann nicht jeder schwerbehinderte Mensch automatisch jeden Nachteilausgleich in Anspruch nehmen. Diese sind an die Höhe des Grades der Behinderung, die Art der Behinderung oder die Zuteilung bestimmter Merkzeichen gebunden.
Arbeitgeber für Schwerbehinderte
Rund 42 Prozent aller Schwerbehinderten in Deutschland sind im erwerbsfähigen Alter. Um Arbeitgeber zur vermehrten Einstellung von schwerbehinderten Menschen zu veranlassen, sind Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu besetzen.
Tun sie das nicht, müssen sie eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen. Folgende Nachteilsausgleiche können Sie als Inhaber eines Schwerbehindertenausweises an ihrem Arbeitsplatz geltend machen.
Nachteilsausgleiche am Arbeitsplatz
- Für Sie besteht ein spezieller Kündigungsschutz. Bevor der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen kann, muss er Personalrat und Schwerbehindertenvertretung informieren, sowie die Genehmigung des Integrationsamtes einholen.
- Sie haben Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub: In der Regel steht Ihnen eine Arbeitswoche mehr im Jahr zu.
- Auf Verlangen müssen Sie von Überstunden freigestellt werden, sofern diese Mehrarbeit bedeuten.
- Der Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit kann auch dazu führen, dass Ihr Arbeitgeber sie nicht zur Nachtarbeit, Feiertagsarbeit oder Schichtdienst einteilen darf.
Grad der Beeinträchtigung mindestens 30
Übrigens: Beeinträchtige Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50, aber mindestens 30, können von der Agentur für Arbeit gleichgestellt werden und erhalten damit weitestgehend vergleichbare Ansprüche.
Weitere Informationen, Hilfe und Tipps finden Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, ausführliche Informationen und Beratung beim Sozialverband VdK oder beim deutschen Behindertenrat.