Ein Cochlea-Implantat ist eine elektronische Hörprothese. Es wandelt den Schall in elektrische Signale um und leitet diese direkt an den Hörnerv weiter. Die geschädigten Bereiche im Ohr können damit umgangen werden.
Lange wurde bei einseitiger Taubheit eine Versorgung mit einem Cochlea Implantat nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen, da man befürchtete, dass durch das Cochlea-Implantat das Sprachverständnis des normal hörenden Ohres beeinträchtigt werden könnte. Die Uniklinik in Freiburg hat das allerdings klar widerlegt.
Spätfolgen einer einseitigen Taubheit
Ursachen für eine einseitige Taubheit können zum Beispiel angeborene Fehlbildungen des Ohres, Tumore am Hörnerv (sogenannte Schwannome im Gleichgewichtsorgan oder der Gehörschnecke), Kopfverletzungen oder ein Hörsturz sein. Medizinische Studien haben gezeigt, dass eine langjährige einseitige Taubheit für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben kann. Sie führt zum Beispiel zu einer Minderung der Merkfähigkeit und anderen geistiger Fähigkeiten sowie erhöht sie das Risiko, an einer Demenz zu erkranken.
Und mehr noch: Diese Beeinträchtigung kann im Laufe der Zeit auch zur sozialen Isolation führen, da zum Beispiel große Familienfeiern oder Restaurantbesuche mit Freunden eine enorme Belastung und Anstrengung für die Betroffenen darstellt. Oftmals meiden sie irgendwann solche Situationen.
Eingriff hinter dem Ohr
Ein Cochlea-Implantat kann diesen Patienten helfen, auf dem tauben Ohr wieder hören zu können. Die elektronische Hörprothese besteht aus einem Sprachcomputer und einer Spule mit Elektrode.
Bei dem operativen Eingriff wird dem Patienten hinter dem Ohr im Knochen eine Spule mit einer Elektrode implantiert. Von dort aus wird dann die ein Millimeter dünne Elektrode in die Hörschnecke vorsichtig bis zum Hörnerv eingeführt, wo sie den Hörnerv elektrisch stimuliert. Das heißt, die Außengeräusche werden so ohne Umwege direkt an den Hörnerv übertragen.
Für Patienten, deren Ursache für die einseitige Taubheit ein Schwannom ist, also ein gutartiger Tumor in der Gehörschnecke, galt der Einsatz eines Cochlea-Implantats lange Zeit als unmöglich. In der Regel füllt der Tumor die Gehörschnecke und manchmal auch das Gleichgewichtsorgan komplett aus. Nach Entfernung des Tumors bleibt dann nicht genug Gewebe, um das Implantat hineinzusetzen.
Neue Operationstechnik schafft Abhilfe auch für Tumor-Patienten
Am Universitätsklinikum in Halle wurde eine neue Operationstechnik entwickelt, die das nun möglich macht. Zunächst wird die harte Kapsel der Gehörschnecke, entgegen der klassischen Methode, operativ entfernt. Wichtig ist aber dabei, dass der Bereich, in dem die Hörnervenzellen sitzen, erhalten bleibt.
Danach wird der Tumor komplett entfernt und die Cochlea-Implantat-Elektrode um den verbliebenen Stumpf der Gehörschnecke mit den Hörnervenzellen platziert. Anschließend wird die Kapsel der Hörschnecke rekonstruiert, das heißt, mit körpereigenem Material ausgefüllt. 30 Patienten wurden so bisher mit einem Cochlea-Implantat erfolgreich versorgt.
Normalisierung erst nach einem halben Jahr
Der erste Höreindruck nach dem „Einschalten“ des Cochlea-Implantats ist für jeden Patienten unterschiedlich. Es kommt nicht selten vor, dass der Träger die Stimme des Technikers sofort erkennt und auch seine Worte direkt verstehen kann. Der Klangeindruck dabei ist aber in jedem Fall ungewohnt: blechern, mechanisch, künstlich wie eine Computerstimme. In anderen Fällen beschränkt sich die akustische Wahrnehmung in den ersten Tagen auf Geräusche und Töne.
Das Gehirn beginnt langsam, die neuen Höreindrücke zu analysieren und mit bekannten Klangmustern abzugleichen. Dies geschieht ganz von selbst, kann aber im Rahmen der Nachsorge und Rehabilitation durch passende Übungen unterstützt und beschleunigt werden. Schrittweise kommt das Sprachverständnis wieder und der Klang der Stimmen, Töne und Geräusche wird natürlicher. Bis zu einer klaren, differenzierten und dann auch wieder als „schön“ empfundenen Klangwahrnehmung dauert es mindestens ein halbes Jahr, oft auch noch darüber hinaus.