Richtiger Winter ist auch auf der fünften Weltcup-Station der Biathleten nicht in Sicht. Dafür gibt es einige andere Gründe, warum sich so Mancher auf die Rennen in der Chiemgau-Arena freut.
Die norwegischen Biathleten haben es sich wieder mal gemütlich gemacht in Ruhpolding. Nach ihrer Anreise aus Oberhof bezogen die munteren Skandinavier ihre Herberge kurz hinter dem Ortsausgang, auf dem Weg hinauf zum Stadion. „Seit zwölf Jahren wohnen wir während des Weltcups dort. Wir bringen unseren eigenen Koch mit und mieten die ganze Unterkunft“, erzählt Vetle Sjastad Christiansen im Gespräch mit zdfsport.de. „Es ist also fast wie zu Hause.“
Ebenen und Tücken
In Oberhof gewann der 27-Jährige als Schlussläufer seines Teams die Staffel – und freut sich nun auf den Kurs in den Chiemgauer Alpen. „Ich bin ein ziemlich großer Kerl und ich mag die Runde dort mehr als die steilen Anstiege in Oberhof. Die sind hart für mich. Die Strecke in Ruhpolding ist ebener, da musst du mehr arbeiten auf den flachen Stücken. Das gefällt mir“, erklärt der 1,89 Meter große Christiansen.
Auch Arnd Peiffer (1,85 Meter) ist ähnlich hoch aufgeschossen, zu den Lieblingsstrecken des 32-jährigen Niedersachsen zählt Ruhpolding allerdings nicht. Bei der WM 2012 zum Beispiel vergab er den möglichen Sieg mit der Mixed-Staffel, weil ihn die tückische Märzsonne am Schießstand ärgerte und er die Blende an seinem Gewehr vergessen hatte.
Beliebter Schießstand
„Ach, so über die Jahre habe ich mich mit der Runde eigentlich ganz gut angefreundet“, sagt Peiffer mittlerweile jedoch mit einem Schmunzeln. Während der Franzose Émilien Jacquelin die Tage in Ruhpolding definitiv „lustiger“ findet als den windigen und nebligen Grenzadler in Oberhof. „In Ruhpolding beginnen die Alpen – das ist ein bisschen wie zu Hause. Ich mag das wirklich“, betont der Sprint-Zweite aus der Vorwoche. Sogar ein strahlendes Lächeln zaubert der Gedanke an den Zwischenstopp in Oberbayern auf das Gesicht von Kaisa Mäkäräinen – zumindest unter einem Aspekt. „Wenn ich nach Ruhpolding komme, merke ich immer wieder: Oh, wie einfach kann Schießen sein“, grinst die 37-jährige Finnin, die den herausfordernden Kurs von Oberhof aufgrund ihrer läuferischen Stärke aber grundsätzlich lieber mag.
Meteorologisches Kontrastprogramm
„In Ruhpolding musst du die ganze Zeit arbeiten – denn es gibt keine langen Abfahrten, wo du dich erholen kannst“, erläutert Mäkäräinen, die bei ihrem beeindruckenden Erfolg im Massenstart gerade ihren Premierensieg im Thüringer Wald feierte und aus diesem Anlass ein Doppellob ausspricht: „Beide Weltcuporte in Deutschland haben eine großartige Atmosphäre. Du musst nicht alleine für dich laufen – und wenn die Leute ständig schreien, gibt dir das eine Menge Energie.“
Wegen der gewaltigen Schneemassen fingen die Wettkämpfe in der Chiemgau-Arena im vergangenen Januar noch mit einem Tag Verspätung an – in diesem Jahr gibt es wieder das meteorologische Kontrastprogramm. „Ich hätte jetzt schon gerne langsam mal Winter. Aber ich habe auf die Wetterprognosen geschaut, und bis Ende Januar sieht es da nicht so gut aus“, seufzt die Wahl-Ruhpoldingerin Denise Herrmann, als Fünfte aktuell beste DSV-Starterin im Gesamtweltcup.
Schwungvoll von Brücken
Die Schwarzwälderin Jana Hettich, eine ihrer fünf Teamkolleginnen auf der fünften Skijäger-Station der Saison, kennt die 700 Meter hoch gelegene Anlage am Fuße des Zirmbergs bislang nur von Lehrgängen. Die allerdings reichen der 23-Jährigen, um zu wissen: „Die Strecke in Ruhpolding ist ein bisschen wellig. Da muss man eher auf die Übergänge achten – und darauf, dass man gut über die Brücken rüberläuft und wieder ordentlich Schwung mitnimmt.“
Vier Biathlon-Weltmeisterschaften hat Ruhpolding bereits erlebt, seit 1980 tragen die Skijäger dort regelmäßig Weltcuprennen aus. Bereits seit 14 Jahren mit von der Partie ist dabei Kaisa Mäkäräinen – die bei aller Sympathie für den anspruchsvollen Oberhof-Kurs irgendwann doch ins Grübeln kommt. „Letztlich gefällt es mir in Ruhpolding vielleicht doch ein bisschen besser“, sagt sie schließlich lächelnd. „Weil das Wetter dort so viel besser ist.“
von Andreas Morbach