Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen, bei der „Ehe für alle“ mit der Öffentlichkeit und der SPD ein falsches Spiel beabsichtigt zu haben. „Da hat sich Frau Merkel verzockt“, sagte Oppermann am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „maybrit illner“.
„Sie hatte in Parteikreisen abgesprochen: Wir gehen in Richtung Gewissensentscheidung, aber das erklären wir erst im Wahlkampf“, sagte Oppermann weiter. Bei ihrer überraschenden Andeutung dieses Umdenkens habe Merkel dann „nicht realisiert, dass am Montagabend für 24 Stunden das Fenster der Gesetzgebung noch sperrangelweit offen war“.
Nach Überzeugung des SPD-Fraktionschefs wollte die Kanzlerin das Thema als Pfand bei den nächsten Koalitionsverhandlungen einsetzen: „Es war Frau Merkel, die Wahltaktik machen wollte. Sie wollte sich das Thema für die Bundestagswahl aufheben, damit sie es vielleicht der FDP oder den Grünen anbieten kann und damit sie dann einen hohen Gegenpreis dafür bekommt. Das war parteitaktisches Kalkül“, kritisierte Oppermann. Wenn die Union jetzt beklage, über die Ehe für alle sei nicht ausreichend diskutiert worden, „dann ist das eine faule Ausrede.“
Nachdem es Merkel zuvor immer abgelehnt habe, die Ehe für alle als Gewissensentscheidung freizugeben, habe er nun „einen Fehler der Bundeskanzlerin ausgenutzt“, sagte Oppermann. „Ich hatte das Gefühl, dass die uns hinter die Fichte führen wollte. Da mussten wir doch sagen: Augenblick mal, wenn das eine Gewissensentscheidung ist, dann aber bitte sofort.“