Die BAG W warnt: Wenn die wohnungs- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen nicht nachhaltig geändert würden, könne die Zahl der Wohnungslosen bis dahin sogar noch weiter steigen. Schon jetzt ist die Situation ernst, besonders Großstädte sind betroffen. Neben Berlin wächst auch in Köln, Hamburg und Leipzig die Zahl der Wohnungslosen. Doch auch in den vergleichsweise wohlhabenden Bundesländern wie Bayern gibt es massive Probleme. In München kann sich selbst die Mittelschicht kaum noch die Wohnungsmieten leisten. Hier kostet der Quadratmeter bis zu 30 Euro. Denn München boomt, rund 25.000 Menschen ziehen jährlich in die bayerische Metropole. Die Arbeitslosigkeit in der Landeshauptstadt ist überdurchschnittlich gering, die Lebensqualität überdurchschnittlich hoch. Nur Sozialwohnungen sind rar. Auch weil der Freistaat Bayern erst im Jahr 2013 rund 32 000 Sozialwohnungen, ein Drittel davon in München, verkauft hat.
Nun versucht die Stadt den Fehler zu revidieren, einen Teil der Wohnungen zurückzukaufen, neuen Wohnraum zu schaffen. 3.000 neue Wohnungen sollen so bis 2019 entstehen, aber auch das wird nicht reichen. Denn schon jetzt gibt es jedes Jahr 24 000 Anträge auf 3.200 Sozialwohnungen, die jährlich vergeben werden können. Dorothee Schiwy, die Leiterin vom Sozialreferat München (SPD), steht vor einer großen Herausforderung: "Wir werden von unserer Seite versuchen, da für diese Leute auch etwas zu finden, aber es wäre letztendlich ein Versprechen, das nicht haltbar wäre, wenn ich ihnen hier heute sagen würde, die werden wir tatsächlich alle unterbringen können."
Diejenigen, die keine eigenen vier Wände mehr haben, weichen aus. Ein Großteil auf die Notquartiere in der Stadt. Das Netzwerk der Wohnungslosenhilfe ist in München dicht, aber schon jetzt vollständig ausgelastet. "Wir haben derzeit circa 7000 Personen in den städtischen Notquartieren untergebracht", warnt Anton Auer, Leiter der Wohnungshilfe für Männer vom Evangelischen Hilfswerk München. "Wir sind hier in München an der Grenze der Aufnahmekapazitäten angekommen." Auch die Leiterin einer Erstanlaufstelle für wohnungslose Frauen, Isabel Schmidhuber, ist alarmiert: "Wir müssen ganz viele Frauen abweisen, Frauen von außerhalb, die bei uns anrufen oder uns eine E-Mail schicken, müssen wir mittlerweile sagen: Bleiben Sie, wo Sie sind, kommen Sie nicht nach München, weil hier werden Sie verelenden."
"Frontal 21" hat die getroffen, die sich ihre eigenen vier Wände in München nicht mehr leisten können. Viele von ihnen führen ein Doppelleben - so wie Thomas Moses, der Einzelhandelskaufmann, der unter einer Brücke lebt, oder Greta, die 62-jährige Krankenschwester im Obdachlosenheim.