In dem ursprünglich auf 3.200 Menschen ausgelegten Camp leben aktuell 9.000 Menschen, davon etwa 2.500 Kinder, unter sehr schlechten hygienischen Bedingungen. Das Lager ist völlig überfüllt und Gewalt allgegenwärtig. Die Geflüchteten haben in ihrer Heimat und auf der Flucht oft Schlimmes erlebt. Doch auch auf Lesbos finden sie keinerlei Schutz. Das betrifft vor allem viele Kinder, die in ständiger Angst leben. An einem Ort, der ihnen eigentlich Hilfe bringen sollte, werden sie erneut traumatisiert. Manchen Flüchtlingen geht es unter den gegebenen Umständen und mit der Angst vor Abschiebung so schlecht, dass sie sich selbst verletzen oder versuchen sich umzubringen. "Wir sehen immer mehr Kinder, die traumatisiert hier ankommen - durch das, was sie erlebt haben und auch hier in Camp erleben", sagt Cordula Haeffner, die als Krankenschwester für Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf der Insel arbeitet. Ein Viertel der Kinder und Jugendlichen, mit denen die MSF-Mitarbeiter Therapiegespräche führen, haben darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen. Das Leben im Camp gleicht einem Überlebenskampf. Manche der Flüchtlinge warten bereits seit über zwei Jahren auf ihren Asylbescheid.
Dabei hat die Europäische Union im Zuge des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei versprochen, dass die Verfahren für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos nur wenige Tage dauern sollen. Der sogenannte EU-Türkei-Deal sieht vor: Flüchtlinge, denen in Europa Schutz zusteht, werden auf die EU-Staaten verteilt, alle anderen in die Türkei zurückgeschickt. Doch der Prozess ist mehr oder weniger zum Erliegen gekommen, ehe er überhaupt begonnen hat. Die Behörden sind überfordert. Darüber hinaus wird erwartet, dass die Zahl der Flüchtlinge in Moria weiter ansteigt. Denn Syriens Präsident Baschar al-Assad plant offenbar eine groß angelegte Militäroffensive auf die letzte Rebellenprovinz Idlib.