In einem Interview mit Frontal 21 wies Tolu darauf hin, dass sich "an der Menschenrechtslage in der Türkei nichts verändert hat" und nach wie vor deutsche Staatsbürger unter ungeklärten Umständen inhaftiert seien. "Auch wenn manche von uns freigekommen sind, sitzen immer noch sieben Deutsche in Haft", sagte Tolu. Dennoch müssten Deutschland und die Türkei im Gespräch bleiben: "Ich bin dafür, dass man den Dialog aufrecht erhält."
Am 30. April 2017 stürmte eine türkische Anti-Terroreinheit Tolus Wohnung. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete Terrorpropaganda. Acht Monate, von April 2017 bis Dezember 2017, saß Tolu danach ohne handfeste Beweise in türkischer Untersuchungshaft. Ihr Fall zeige, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den beiden Ländern sei, so die deutsche Journalistin: "Seit dieser Razzia fühle ich mich unsicher, auch wenn ich in Sicherheit bin. Wenn man einmal dieses Gefühl erlebt hat, dann hat man es in sich und wird es auch nicht so schnell los", sagte Tolu.
Geisel politischer Auseinandersetzung
Im Frühjahr 2017 war der politische Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei eskaliert. Präsident Erdogan warf der Bundesregierung Spionage und Unterstützung politischer Gegner vor. Deutschland hatte türkischen Militärangehörigen Asyl gewährt, denen die Türkei unterstellt, dass sie in die Putschversuche vom Juli 2016 verwickelt seien. Erdogan bezichtige Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie unterstütze Terroristen.
Mesale Tolu hatte Angst, eine Geisel dieser politischen Auseinandersetzung zu werden. Sie habe damit gerechnet, dass sie länger inhaftiert bleibe, "wenn die deutsch-türkischen Verhältnisse sich nicht verbessern, dass ich dann sozusagen als Faustpfand bleiben muss." Tolu kam am 18. Dezember 2017 frei, durfte aber erst Ende August 2018 die Türkei verlassen. Um ihre Freilassung und die anderer Gefangener, wie Peter Steudtner und Deniz Yücel, wurde diplomatisch intensiv gerungen. Immer wieder wurde über Deals beider Regierungen spekuliert. Davon weiß Tolu nach eigenen Angaben nichts.