Den unionsinternen Kritikern werfen nicht nur die Opposition im Bundestag, sondern auch Staatsrechtler und Politikwissenschaftler mangelnde Bündnistreue sowie Verunsicherung der Bevölkerung vor. "Wenn Politiker sich nicht mehr an Gesetze halten, die sie selbst gemacht haben, wieso sollen sich dann noch die Bürger daran halten?", fragt etwa der Politikwissenschaftler Professor Emanuel Richter. "Politiker, die jetzt die Aussetzung des Vollzugs für das in wenigen Wochen in Kraft tretende Gesetz der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fordern, verspielen ein großes Stück Vertrauen der Bürger in Rechtsstaat und Politik."
Mitte März 2022 tritt die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft. Mit den Stimmen der Union hatte der Bundestag die Teil-Impfplicht mit großer Mehrheit verabschiedet und auch der Bundesrat dem Gesetz einstimmig zugestimmt. Doch nun rügt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, CSU, das Gesetz vor allem wegen arbeitsrechtlich offener Fragen. Rückendeckung bekommt er aus der CDU: vom neuen Parteichef Friedrich Merz, dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und dem saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans, der sich gerade im Wahlkampf befindet. "All diese Politiker versuchen sich als Wahlkämpfer oder Spitzenkräfte ihrer Partei populistisch zu profilieren, auf Kosten der Verunsicherung in der Bevölkerung, und tragen letztlich zum Demokratieverlust bei", so der Vorwurf von Prof. Richter.