Frontal21 wurden vertrauliche Personalunterlagen zugespielt. Es handelt sich dabei offensichtlich um Gehaltslisten von Mitarbeitern eines Lebensmittel-Discounters. Der Verdacht: Hier bekommt nicht jeder Mitarbeiter den Stundenlohn, der ihm laut Tarifvertrag zusteht. Recherchen sowie Gespräche mit Mitarbeitern zeigen: Alle kennen das Problem und sprechen von System.
Die Filialen von Netto Marken-Discount gehören zur genossenschaftlich organisierten Edeka-Gruppe, die mit Abstand den deutschen Lebensmittelhandel beherrscht. Das Prinzip: mit Privatisierungen von Filialen Tarifverträge umgehen. Die Edeka-Tochter Netto Marken-Discount ist dagegen tarifgebunden und müsste allen Mitarbeitern Tariflöhne zahlen, die dann mit den Jahren auch mehr verdienen würden.
Ahnungslose Mitarbeiter falsch eingruppiert
Doch genau das sei nicht der Fall, erfährt Frontal21 von Mitarbeitern. Sie berichten: Netto ordne trotz mehrerer Jahre Betriebszugehörigkeit nicht jeden in die höhere Tarifgruppe ein und zahle damit einigen zu wenig Gehalt. In unseren Fällen liegt der Differenzbetrag zwischen 200 und 600 Euro im Monat.
Der Vorwurf des Betriebsrats: Netto sei das Problem der falschen Eingruppierung bekannt, man wolle es aber nicht von sich aus für alle Mitarbeiter ändern, vor allem nicht für geringfügig Beschäftigte. Fachanwälte für Arbeitsrecht erkennen genau hier ein Kalkül. Solange der einzelne Mitarbeiter ahnungslos sei und nicht den ihm zustehenden Lohn selbst einfordere, könne sich der Marken-Discounter zurücklehnen. Es drohten nur Gehaltsnachzahlungen unter Einhaltung der gesetzlichen Frist, ansonsten keinerlei Sanktionen.