Gerade bei Online-Shops komme es schnell zu Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, weiß Hildegard Reppelmund vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag, "da sind Abmahnungen eigentlich ein sehr gutes Instrument". Das könne außergerichtlich geklärt werden. "Aber es führt leider auch dazu, dass Missbrauch damit getrieben wird, und das muss verhindert werden", so die Juristin für Wettbewerbsrecht.
Die Kleinunternehmerin Vera Dietrich hatte einen Schaal für 59 Euro im Internet angeboten. Bei den Angaben zur Textilmischung schrieb sie "Wolle-Kaschmir-Mischung". Damit hatte sie gegen das Wettbewerbsgesetz verstoßen, denn richtig wäre die Angabe "50 Prozent Wolle, 50 Prozent Kaschmir" gewesen. Wegen dieses kleinen Fehlers aber ist sie abgemahnt worden. Sie wehrte sich vor Gericht und bekam Recht, wegen Geringfügigkeit ihres Vergehens.
In vielen Fällen aber verlieren die Abgemahnten - selbst dann, wenn sie vor Gericht ziehen. Genau das nutzen fragwürdige Abmahnvereine, die wegen Nichtigkeiten jedes Jahr Tausenden von Online-Händlern zunächst eine Abmahnung schicken, mit Gebühren von rund 250 Euro. Darüber hinaus fordert der Abmahner eine Unterlassungserklärung. Der Abgemahnte muss sich per Unterschrift verpflichten, einen solchen Wettbewerbsverstoß künftig zu unterlassen. "Wer diese Unterlassungserklärung unterschreibt, gerät in die Vertragsstrafenfalle", warnt Anwalt Carsten Föhlisch, Experte für Verbraucherrecht im Online-Handel bei Trusted Experts. "Denn diese Erklärung gilt lebenslang und für jeden einzelnen Fehler können dann Vertragsstrafen von mehreren Tausend Euro fällig werden."
Einer aktuellen Studien zufolge hat bereits jedes zweite im Internet tätige Unternehmen eine Abmahnung erhalten. Jeder fünfte Befragte hat es dabei mit dem IDO-Verband in Leverkusen zu tun bekommen, der als einer der aggressivsten Abmahnvereine allein im Jahr 2017 rund 7000 Abmahnungen an Kleinhändler des Internetportals DaWanda verschickte.
Spitzenverbände der Wirtschaft fordern nun, der Geschäftemacherei mit dem Abmahnwesen einen Riegel vorzuschieben. Sie schlagen vor, dass die Abmahngebühren bei geringfügigen Vergehen gedeckelt und die Vertragsstrafen in solchen Fällen an die Staatskasse gezahlt werden sollen.