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Abgasskandal: Bosch offenbar tiefer verstrickt

Ein VW-Logo wird am 07.09.2016 in Gerlingen vor den Bosch-Stammsitz gehalten

Der Autozulieferer Bosch scheint tiefer im Diesel-Abgasskandal verstrickt zu sein als bislang bekannt. Nach Frontal21-Recherchen verwenden außer VW neun weitere Autohersteller Bosch-Motorsteuergeräte.

Datum:
18.10.2016
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Der Autozulieferer Bosch scheint tiefer im Diesel-Abgasskandal verstrickt zu sein als bislang bekannt. Das Unternehmen hatte Motorsteuergeräte und Software für VW-Modelle mit illegaler Abschalteinrichtung für den US-Markt geliefert und sieht sich deshalb Zivilklagen in den USA ausgesetzt. Jetzt zeigen Frontal21-Recherchen, dass die Zulieferfirma die Motorsteuerung auch für Dieselautos anderer Hersteller geliefert hat, denen die Verwendung von Abschalteinrichtungen vorgeworfen wird.

Neben VW verwenden auch viele andere Autohersteller Bosch-Motorsteuergeräte mit Abschalteinrichtungen. Das zeigen Frontal21-Recherchen. Betroffen sind demnach Modelle von Renault, Mercedes, Audi, Suzuki, Fiat, Porsche, Land Rover, Alfa Romeo und Hyundai. Die Fahrzeuge mit Abschalteinrichtungen sind im Labortest sauber, stoßen aber auf der Straße gesundheitsschädliche Stickoxide weit über dem Grenzwert aus.

Vorwurf: Illegale Abschalteinrichtungen auch bei Fiat

Das Bundesverkehrsministerium hatte im April dieses Jahres bei mehreren Dieselautos solche Abschalteinrichtungen aufgedeckt. Mercedes, Porsche und Audi haben inzwischen freiwillige Software-Updates angekündigt, um Zweifel an der Zulässigkeit der Abschalteinrichtung auszuräumen. Hierzu erklärt Bosch auf Nachfrage gegenüber Frontal21: "Nach unserer Einschätzung sind etwas mehr als die Hälfte der betroffenen Fahrzeuge (…) mit Motorsteuergeräten von Bosch ausgestattet." Zu einzelnen Modellen wolle man sich nicht äußern. Man sei gegenüber den Kunden "zur Vertraulichkeit verpflichtet." Bosch-Steuergeräte seien jedoch auch in Fahrzeugen verbaut, deren Abgaswerte unauffällig seien.

Jetzt wirft das Bundesverkehrsministerium Fiat vor, illegale Abschalteinrichtungen zu verwenden. Das geht aus einem Schreiben an die EU-Kommission hervor, das Frontal21 vorliegt. Darin stellt das Ministerium fest, dass die Motorsteuerung der fraglichen Fiat-Modelle die Abgasreinigung nach 22 Minuten abstellt. Der für die Zulassung vorgeschriebene Labortest dauert knapp 20 Minuten. Auf Nachfrage, welche Rolle Bosch bei der Programmierung der Abgas-Software spielt, antwortet Fiat: "Wie in der Autoindustrie allgemein üblich, liefert der ECU-Hersteller Hard- und Software.“ Mit ECU-Hersteller ist der Motorsteuergeräte-Hersteller gemeint, also Bosch, wie Fiat bestätigt: "Bosch ist der alleinige Hersteller des genannten Motorsteuergeräts." Fiat weist bis heute den Vorwurf zurück, eine illegale Abschalteinrichtung zu verwenden.

Zivilklagen gegen Bosch in den USA

Welche Rolle Bosch bei der Erstellung einer Abschalt-Software spielt, lässt das Unternehmen auf Nachfrage von Frontal21 offen. Zum Fall Fiat äußert sich Bosch nicht und erklärt allgemein, ein Motorsteuergerät entscheide nicht allein über das Abgasverhalten, sondern dies sei Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener technischer Komponenten. Wörtlich heißt es: "Ein Zulieferer kann nicht alle Wechselwirkungen und deren Folgen beurteilen, da er in der Regel das Gesamtsystem nicht überblickt."

Bosch hat auch Motorsteuergeräte mit Abschalt-Software für die US-Modelle von VW verkauft. Der Autozulieferer wird deshalb in den USA verklagt, unter anderem von dem Bundesstaat West Virginia. Dessen Generalstaatsanwalt beschuldigt Bosch in der Klageschrift, die Frontal21 vorliegt, von der Abschalteinrichtung gewusst zu haben. Das Unternehmen habe "mit VW den Software-Algorithmus entwickelt.“ Bosch hat vor allem wegen der Abgasaffäre in den USA Risikorückstellungen in Höhe von 750 Millionen Euro gebildet.

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