Deutsche Sicherheitsbehörden haben das terroristische Umfeld des Attentäters Anis Amri nicht ausreichend untersucht. Das belegen Frontal 21-Recherchen.
Laut Ermittlungsakten bot sich Amri schon im Februar 2016 mit dem Codewort "Dougma" der IS-Terrormiliz als Selbstmordattentäter an. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) kam damals zu dem Schluss, dass damit die "Planung bzw. Vorbereitung eines Selbstmordanschlags" gemeint war. Die Ermittler stellten fest, dass "Amri sehr wahrscheinlich nicht nur direkte Kontakte zum sogenannten Islamischen Staat unterhält, sondern offenbar von einem derer Mitglieder direkt und persönlich instruiert wird, einen nicht bekannten Tatplan in Deutschland in die Tat umzusetzen.“
Kritik an Sicherheitsbehörde
Hans-Christian Ströbele (B'90/Die Grünen), langjähriges Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages, kritisiert, dass die Behörden angesichts dieser Erkenntnisse untätig blieben und den Islamisten Amri nicht festnahmen: "Dass Anis Amri von dort seine Anweisungen erwartete, erfüllt den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und nicht nur eine mögliche Unterstützung", sagte Ströbele gegenüber Frontal 21.
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Die deutschen Behörden klärten jedoch Amris IS-Terrorkontakte nicht auf, obwohl sie sein Handy im Februar 2016 sichergestellt hatten. Bruno Jost, Sonderermittler des Berliner Senats, hält das für ein Versäumnis. Die Sicherheitsbehörden hätten "entsprechende ausländische Telefonnummern durch den BND abklären können". Das sei nach Josts Erkenntnissen aber "nicht geschehen".
ZDF-Journalisten verifizieren Amris IS-Kontakte
Frontal 21 konnte Amris IS-Kontakte anhand von Facebook-Profilen verifizieren. Danach handelt es sich um Aymen Kaabi, der in Libyen für den IS kämpfte und in Amris Heimatort Oueslatia radikalisiert worden war. Ein zweiter IS-Kontaktmann war Achref Abdaoui, der ebenfalls aus Oueslatia stammt. Schon im Oktober 2015 hatte ein Mitbewohner Amris in einem Flüchtlingsheim die Behörden gewarnt. Im Interview mit Frontal 21 erinnert sich Mohamed J., dass ihm Amri Bilder von IS-Kämpfern aus Oueslatia auf dem Handy gezeigt hat. Doch der Zeuge wurde erst Wochen nach dem Anschlag zur polizeilichen Vernehmung vorgeladen.
Amri verübte am 19. Dezember 2016 einen Terroranschlag in Berlin. Er ermordete zwölf Menschen, mehr als 60 wurden verletzt. Es war der bislang schwerste islamistische Anschlag in Deutschland. Derzeit versuchen Untersuchungsausschüsse, mögliches Versagen der Sicherheitsbehörden aufzuklären.