Die buddhistischen Tempel in Seoul strahlen Ruhe und Frieden aus. Etwas, wonach sich aktuell viele Südkoreaner sehnen. Manche von ihnen kommen mehrmals täglich, um in den Tempeln für Frieden auf der Welt und eine Deeskalation mit Nordkorea, ihrem unmittelbaren Nachbarn, zu beten. Die Menschen Südkoreas suchen in den heiligen Stätten nach Sicherheit und Stabilität in Zeiten der atomaren Aufrüstung. „Ich komme morgens und abends in den Tempel, um zu beten. Die Nachrichten aus Nordkorea machen mir große Angst.“, erzählt Cho Eun-young. So wie ihr geht es vielen.
Die Situation spitzt sich zu
Denn: Während sich Nordkorea über die letzten Wochen einen Krieg der Worte mit den USA lieferte und mit mehreren Raketentests die internationale Gemeinschaft provozierte, fürchtet Südkorea vor allem die Konsequenzen einer möglichen Eskalation. Allein in diesem Jahr testete Nordkorea mehrere Raketen und Anfang September nach eigenen Angaben sogar eine Wasserstoffbombe im Rahmen seines Atomwaffenprogramms. Die Situation zwischen Nord- und Südkorea war zwar seit dem Ende des Koreakrieges immer schon angespannt – gerade aufgrund Nordkoreas Atomprogramm, das es sowohl zur Legitimation nach Innen als auch zur Abschreckung nach Außen nutzt. Doch nun spitzt sich die Situation zwischen dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump zunehmend zu.
Vor allem der aggressive Umgangston zwischen Pjöngjang und Washington, die sich gegenseitig mit „totaler Vernichtung“ drohen, gibt Südkorea Grund zur Sorge. Erst kürzlich sprach sich Donald Trump auf Twitter mit aller Schärfe gegen friedliche Gespräche mit Nordkorea aus. Nachdem sein Außenminister Rex Tillerson offene Gesprächskanäle nach Pjöngjang betont und gleichzeitig Nordkoreas mangelnde Gesprächsbereitschaft kritisiert hatte, bezeichnete Trump etwaige diplomatische Gespräche hingegen als Zeitverschwendung. Hinzu fügte er: „Wir werden tun, was getan werden muss“.
Ein Leben im geteilten Land
Trotz aller Zuspitzung zieht es manche in diesen Zeiten auch an die gefährlichste Grenze der Welt – die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea. Hier, wo man die Teilung Koreas direkt vor Augen hat, hängen einige Südkoreaner bunte Bänder und Geschenke für ihre Verwandten in Nordkorea an den Stacheldraht. Für viele ist dies die einzige Möglichkeit, mit ihren Familien im Norden – wenn auch nur symbolisch – Kontakt aufzunehmen.
An der innerkoreanischen Grenze liegt auch ein kleines Dorf, Un Cheon-li, das unmittelbar in Gefahr geraten könnte. Lee Young-kyu, der Bürgermeister von Un Cheon-li, versucht, sein Dorf gegen die Bedrohung zu wappnen. „Klar mache ich mir Sorgen. Als Bürgermeister muss ich, wenn etwas passiert, vor allem daran denken, wie ich den Ort evakuieren kann.“, verrät er. Er hofft, dass die Betonblöcke und Mauern, die das Dorf umgeben, feindliche Panzer aufhalten, oder den Menschen im Dorf zumindest Zeit verschaffen können.