Donna Edwards ist dann mal weg. Seit drei Monaten fährt die US-Demokratin quer durchs Land, von Küste zu Küste. Sie will verstehen, wie die Wahl des Polit-Neulings Trump die USA verändert hat und wie das Land wieder geeint werden kann. Weitab vom Trubel macht die ehemalige Kongressabgeordnete mit ihrem Wohnmobil Halt in Kleinstädten, auf Bauernmärkten und Campingplätzen. Sie trifft Sanders-Treue genauso wie Trump-Anhänger und überzeugte Nicht-Wähler. Je weiter sie sich vom Polit-Betrieb in Washington entfernt, desto näher komme sie den Menschen, sagt sie. Jede Begegnung gebe ihr neue Antworten auf die Frage, warum die USA Donald Trump gewählt haben.
E-Mail-Leaks und Grabenkämpfe
Viele Experten sehen die Wahlniederlage der Demokraten bereits im Vorwahlkampf begründet: Zwar ging Hillary Clinton aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Bernie Sanders letztlich als Siegerin hervor. Sie war aber bereits deutlich angeschlagen. Die E-Mail-Enthüllungen, die zeigten, dass die Parteispitze von Beginn an Clinton favorisierte und Sanders keine wirkliche Chance einräumte, hatten daraufhin viele Wähler verschreckt und Partei-Mitglieder in ihren grundlegenden Überzeugungen erschüttert. Es gab Demonstrationen, Clinton wurde auch für viele Demokraten unwählbar. Dass sich Sanders schließlich hinter Clinton stellte und für sie warb, irritierte wiederum seine Anhänger.
Und so ist seitdem die Erkenntnis, dass die Demokraten wieder einig werden müssen, auch das einzige, worüber sie sich wirklich einig sind. Die Konfliktlinien verlaufen nicht nur zwischen den beiden Lagern des Vorwahlkampfes, es sind vielerlei Gruppen und Strömungen, die um den Neuanfang der Partei ringen: Die einen fordern Sanders‘ linken Kurs einzuschlagen, die anderen wollen sich an Obamas und Clintons Politik der Mitte orientieren. Manche fordern mehr Populismus, um die Arbeiterklasse zurückzugewinnen, andere dagegen einen strikten Kurs der Seriosität. Eine Gruppe will sich schon jetzt ganz auf die Wahl 2020 konzentrieren, eine andere fordert Blockade-Politik und die sofortige Amtsenthebung Trumps.
Auszeit für den Neuanfang
Demokraten-Parteichef Tom Perez hat wiederholt betont, dass die Demokraten zuerst die Gräben in der eigenen Partei schießen müssen, bevor sie sich denen im Land widmen können. Donna Edwards hat einen anderen Ansatz gewählt: Anstatt steter politischer Auseinandersetzungen innerhalb ihrer Partei nimmt sie sich Zeit, zur Ruhe zu kommen und sich um das Wesentliche im Land zu bemühen, wie sie sagt: die Menschen. Um die gehe es schließlich in der Politik.
Eine wichtige Erkenntnis hat sie auf ihrer Reise bereits gewonnen: Die US-Bürger hätten zwar mit Wut gewählt, nun aber wollten sie ein geeintes Land. Edwards ist sich sicher: „Das ganze rassistische, sexistische, fremden- und schwulenfeindliche Gebrüll, das ist nicht das Amerika, das ich erlebt habe, sondern das sind nur laute Minderheiten. Sie repräsentieren nicht, für was Amerika steht.“
Noch drei Wochen fährt Edwards durchs Land, dann geht es zurück nach Washington – weiterarbeiten für den Neuanfang. Im Gepäck: Eindrücke aus hunderten Gesprächen mit Menschen aus dem ganzen Land.