"Es gab auf der einen Seite eine Gruppe, die schlimm war, und es gab auf der anderen Seite eine Gruppe, die ebenfalls sehr gewalttätig war" - Donald Trump konnte sich nicht zurückhalten: In einer Pressekonferenz im New Yorker Trump Tower setzte er am Dienstag abermals Rechtsextreme und linke Gegendemonstranten gleich - ein Eklat in der hitzigen Diskussion um Rassismus und Rechte in den USA. Dabei ist Amerika geschockt von der Dimension, mit der Ultranationalisten ihre Gesinnung seit der Wahl von Donald Trump offen zur Schau stellen. Vorläufiger Höhepunkt: der größte Aufmarsch von Rechtsextremen in den USA seit Jahren.
Seite an Seite für die eigene Deutung der Geschichte
Unter dem Motto „Vereinigt die Rechte“ marschierten Ultranationalisten verschiedener Organisationen in Charlottesville Seite an Seite. Es geht ihnen um ihre Sicht auf die US-Geschichte. Für sie steht fest: Die Stadt darf das umstrittene Reiterdenkmal des Südstaatengenerals Robert E. Lee nicht entfernen. Denn: Nach ihrer Auffassung ist Lee ein Held, der im amerikanischen Bürgerkrieg gegen den Norden kämpfte und für die Sklaverei eintrat. Er ist somit eines der vielen Symbole, mit denen die Nationalisten ihre „weiße Überlegenheit“ symbolisieren. Genau für diese Ideologie der „Überlegenheit der Weißen“ stehen die amerikanischen Rechtsextremisten jetzt immer offener ein. Sie machen aus ihrer hasserfüllten Gesinnung keinen Hehl mehr.
So zogen sie in Charlottesville mit Hakenkreuzen, Südstaaten-Flaggen und „Heil-Trump“-Rufen durch die Straßen der amerikanischen Universitätsstadt. Bekennende Rechtsextreme, wie der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke, untermauerten diese Aktionen ausdrücklich mit einem Rückgriff auf Donald Trump: „Wir werden die Versprechen von Donald Trump erfüllen. Das ist, woran wir glauben und warum wir Donald Trump gewählt haben.“
Dass die Rechtsextremen ausgerechnet jetzt erstarken, scheint daher kein Zufall: Seit dem Wahlsieg von Donald Trump trauen sie sich aus ihrer Deckung. Sie sind nicht mehr nur im Internet aktiv, sondern tragen ihren Hass auf die Straßen Amerikas. Sie sehen sich im Aufwind und durch die Parolen des US-Präsidenten bestätigt. Und sie sehen in Donald Trump einen Verbündeten, mit dem sie ihre politischen Ziele verwirklichen können.
Trumps politischer Drahtseilakt
Trump, der sonst keine Gelegenheit auslässt seine Gedanken in 140 Zeichen auf Twitter niederzuschreiben, reagierte auf die Ereignisse zunächst zurückhaltend. Statt die rechtsextreme Gewalt zu verurteilen, sprach er von Gewalt, die von beiden Seiten ausging. Er scheint die rechten Wähler nicht vergraulen zu wollen, ist auf sie angewiesen. Schon zu Beginn seines Wahlkampfes spielte er daher mit Vorurteilen und Ressentiments und statt sich von rechten Ideologen klar abzugrenzen, suchte er ihre Nähe.
Im Weißen Haus angekommen, reißen diese Verbindungen nicht ab. Stephen Bannon, der ehemalige Chef der rechtspopulistischen Seite „Breitbart“, wird zu Trumps Hauptstrategen. Stephan Miller, ein junger Erzkonservativer, wird sein Redenschreiber. Schnell werden die neuen Berater als „Trump-Flüsterer“ bezeichnet.
Zwischenzeitlich grenzte sich Trump deutlich von den rechten Gruppierungen in Charlottesville ab und verurteilte Rassismus als „böse“. Nun der erneute Eklat und die Rolle rückwärts. Viele Demokraten meinen in seinen jüngsten Äußerungen das wahre Gesicht des Präsidenten zu sehen. Selbst Parteifreunde wie der einflussreiche republikanische Senator Marco Rubio verurteilen die Gewalt und fordern eine kontinuierliche Abgrenzung. In einem Tweet von Rubio heißt es: „Es ist sehr wichtig, dass der Präsident die Ereignisse in Charlottesville als das beschreibt, was sie sind: ein Terroranschlag weißer Rassisten.“
Die Ultranationalisten sehen sich hingegen weiter bestärkt. So bedankte sich der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke in einem Tweet bei Trump für seine neuen Äußerungen. In denen würde der Präsident die Wahrheit über Charlottesville aussprechen.