Eine Misstrauensabstimmung seiner Fraktion überstand Johnson Anfang Juni gerade noch so. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war dann aber die sogenannte Pincher-Affäre. Dem stellvertretenden Fraktionsführer Chris Pincher wurde in mehreren Fällen sexuelle Belästigung vorgeworfen. Wiederholt ließ Johnson verbreiten, er habe von den Anschuldigungen nichts gewusst, als er Pincher beförderte. Dies aber stimmte nicht. Da waren die Geduld und das Vertrauen seiner Parteifreunde endgültig aufgebraucht.
Boris Johnson - ein politisches Phänomen
Es war jene Nacht im Juni 2016, die man in Großbritannien und ganz Europa über Generationen hinweg nicht vergessen wird. Jubel über die Befreiung von den Ketten Brüsseler Bevormundung mischte sich mit Entsetzen über die Entscheidung, Europa nun den Rücken zu kehren. Mit Wut auf den Mann, der bei vielen als der Hauptverantwortliche für den Ausgang des Brexit-Referendums gilt. „Schande über dich, Boris!“, wurde ihm da zugerufen.
Seine Amtszeit als Premierminister war gespickt mit Pannen, Kehrtwenden und Skandalen. Johnsons persönlicher Ehrgeiz und sein Charisma waren eine Mischung, die Wahlen gewinnen konnte – oder Referenden entscheiden.
Als Boris Johnson einst sein ganzes Gewicht hinter die Brexit-Kampagne warf, nahm der Kampf eine Wendung, die nur wenige erwartet hatten. Diese Entscheidung hatte ihn in die Downing Street gespült. Lange halten konnte er sich dort nicht.
Am Ende stürzte er über Partys in Lockdown-Zeiten. Und die Erschöpfung seiner Parteifreunde angesichts Johnsons fragwürdigen Umgangs mit der Wahrheit.