Fall Kaili: Korruption: Wie anfällig ist die EU?

    Fall Kaili:Korruption: Wie anfällig ist die EU?

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    Eva Kaili vor einer EU-Flagge

    Weil sie Geld von Katar angenommen haben soll, sitzt Parlamentsvize Kaili in U-Haft. Bei ZDFheute live: zwei EU-Abgeordnete und ein Experte über die Korruptionsgefahr im Parlament.

    Der Fall Kaili und seine Folgen - Was passiert bei ZDFheute live?

    Es ist ein Skandal, der die EU in ihren Grundfesten erschüttert. Vize-Parlamentspräsidentin Eva Kaili wird vorgeworfen, hohe Geldsummen aus Katar angenommen zu haben. Im Gegenzug soll sie sich im Parlament für die Interessen des Golfstaats stark gemacht haben. Offenbar eingefädelt hat den mutmaßlichen Deal die italienische NGO Fight Impunity. Kommissionspräsidentin von der Leyen bezeichnet die Vorwürfe als “sehr schwerwiegend” und fordert, ein Ethikgremium für alle EU-Institutionen einzurichten.
    Auch Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock zeigen sich angesichts des Verdachts der Bestechung und Geldwäsche bestürzt.  Gemeinsam mit drei Verdächtigen sitzt Kaili seit Sonntag in Untersuchungshaft. In ihrer Wohnung sollen “Säcke mit Bargeld” gefunden worden sein, teilten die Brüsseler Behörden mit.
    Derweil hat Griechenland – das Heimatland der Sozialdemokratin – Kailis gesamtes Vermögen eingefroren. Auch ihr Landsmann und Vizekommissionspräsident Margaritas Schinas rückt zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit; er hatte Katar gemeinsam mit Kaili besucht und öffentlich Werbung für das WM-Ausrichterland gemacht.
    Ist die Affäre Kaili ein Einzelfall? Wie effektiv sind die Antikorruptionsregeln der EU? Wie müssen die europäischen Institutionen reagieren, um einem weiteren Vertrauensverlust vonseiten der europäischen Öffentlichkeit entgegenzuwirken? Darüber spricht ZDFheute live mit den EU-Abgeordneten Daniel Caspary (CDU/Fraktion EVP) und Erik Marquardt (Grüne/Fraktion EFA). Außerdem dabei: Michiel van Hulten von der Organisation Transparency International EU, der seine Kritik an den europäischen Institutionen schildert.

    Das EU-Transparenzregister hat Schwächen 

    Der Fall Kaili ist nicht der erste Korruptionsskandal im EU-Parlament. Dass es in den letzten zehn Jahren aber nicht viel mehr Fälle waren, führen viele auch auf das 2011 in Kraft getretene EU-Transparenzregister zurück. Doch es hat Schwachstellen. “Leider ist die Einflussnahme durch Drittstaaten bisher von allen Transparenzregeln ausgenommen”, sagt der EU-Abgeordnete Daniel Freund (Grüne), der sich damit auf die Vereinbarung zwischen EU-Parlament und der Europäischen Kommission zu dem Register bezieht:

    Das Register gilt nicht für staatliche Stellen der Mitgliedstaaten, Regierungen von Drittstaaten, internationale zwischenstaatliche Organisationen und deren diplomatische Vertretungen.

    Punkt III, Ziffer 15, EU-Transparenzregister

    Welche Folgen dieser Fall für das ohnehin geringe Vertrauen in die EU-Institutionen hat, werden wohl erst die kommenden Wochen zeigen. Die Organisation Transparency International EU sieht in dem Korruptionsskandal keinen Einzelfall:

    Über Jahrzehnte hat das Parlament geduldet, dass sich eine Kultur der Straflosigkeit entwickelt - mit einer Kombination laxer Finanzregeln und -kontrollen sowie ohne jede unabhängige ethische Aufsicht.

    Michiel van Hulten, Direktor Transparency International

    Erste Konsequenzen hat es bereits gegeben. Zum einen ist Kaili von allen Parteiämtern entbunden worden und ihre Suspendierung als Vizepräsidentin ist nur noch Formsache. Zum anderen deutet sich eine Auswirkung der diplomatischen Beziehungen zum WM-Gastgeberland an: Ein Parlamentssprecher bestätigte, dass eine für Ende Dezember geplante Katar-Reise von Europaabgeordneten "wegen der derzeitigen Umstände" abgesagt werde. Und die bereits beschlossene Visa-Liberalisierung hat das EU-Parlament wieder rückgängig gemacht.
    Mit Material von ZDF, afp

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