Wirecard-Skandal: Wie EY sein Geld in Sicherheit bringt

    Wirecard-Skandal:Wie EY sein Geld in Sicherheit bringt

    von Christoph Söller
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    Im Kampf um Schadensersatz richten die Wirecard-Aktionäre ihren Blick auf EY, das die Bilanzen jahrelang abgesegnet hatte. Doch die Prüfgesellschaft bringt ihr Geld in Sicherheit.

    Wirecard Logo
    Shareholder des insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard fühlen sich betrogen. Die Klage gegen ein Wirtschaftsprüfungsinstitute könnte erfolglos bleiben.13.04.2024 | 1:45 min
    Als im Sommer 2020 bekannt wurde, dass 1,9 Milliarden Euro aus der Bilanz von Wirecard fehlen, fiel der Wert der Aktie um 98 Prozent. Tausende Anlegerinnen und Anleger verloren viel Geld. Nun fordern sie Schadensersatz von Ernst & Young (EY), deren Wirtschaftsprüfer die Bilanzen von Wirecard jahrelang abgesegnet hatten.
    Der Fall Wirecard gilt als größter Wirtschaftsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Schadensersatzforderungen der Aktionärinnen und Aktionäre liegen bei mehreren Milliarden Euro und werden in einem Musterverfahren verhandelt.

    Eine Recherche der Financial Times deckte Anfang Februar 2019 auf, dass Wirecard-Mitarbeiter in Singapur Kunden und Umsätze erfunden hätten, um eine Geschäftslizenz in Hongkong zu erhalten und die Ertragsziele von Wirecard zu erreichen. Im Oktober erneuerten Berichte der Financial Times den Vorwurf der Manipulation bei Wirecard. Interne Unterlagen würden nahelegen, dass Wirecard zu hohe Umsätze und Gewinne bei Tochtergesellschaften angegeben habe.

    Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wurde von Wirecard mit einer Sonderprüfung beauftragt. Das Ergebnis der KPMG-Untersuchung wurde Ende April 2020 veröffentlicht. Danach konnten nicht alle Daten vollständig ausgewertet und somit die Vorwürfe nicht völlig ausgeräumt werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erstattete Anfang Juni 2020 wegen Verdacht auf Marktmanipulation Anzeige, dieses Mal gegen den Vorstandsvorsitzenden Braun und drei weitere Vorstandsmitglieder; die Staatsanwaltschaft ließ die Geschäftsräume von Wirecard durchsuchen. Die Wirtschaftsprüfung EY hatte die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des früheren Dax-Konzerns über Jahre testiert.

    Die Abschlussprüferaufsicht Apas hatte vor einigen Wochen nach einer drei Jahre andauernden Untersuchung festgestellt, dass EY bei der Prüfung der Wirecard-Bilanzen berufliche Sorgfaltspflichten verletzt hat.
    The logo of Wirecard AG, an independent provider of outsourcing and white label solutions for electronic payment transactions, is pictured at its headquarters in Aschheim, near Munich, Germany, July 1, 2020.
    Vor vier Jahren erschütterte der Wirecard-Skandal die Wirtschaft. Ex-Vorstand Marsalek arbeitete wohl jahrelang für die russischen Geheimdienste.01.03.2024 | 1:26 min

    Das Beratungsgeschäft wird ausgegliedert

    EY Deutschland baut derweil sein Unternehmen um. Bislang bestand EY aus vier Geschäftsbereichen: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Unternehmensberatung sowie Strategie- und Transaktionsberatung.
    Durch eine Umwandlung von einer GmbH in eine GmbH & Co.KG kann EY die verschiedenen Geschäftsbereiche nun in vier rechtlich eigenständige Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) umwandeln. Mit Hilfe eines Sonderkündigungsrechts werden drei Unternehmen ausgegliedert: Steuerberatung, Consulting und Strategieberatung - und mit ihnen Personal, Umsätze und Gewinne.
    TN: War Jan Marsalek russischer Spion?
    Der größte Wirtschaftsskandal Deutschlands wird zugleich zum Spionagefall: ZDFheute live mit Details über den ehemaligen Wirecard-Manager Marsalek und seine Geheimidentität.01.03.2024 | 29:43 min

    Experte: "Schmälerung der Haftungsmasse"

    Hansrudi Lenz, emeritierter Professor für Wirtschaftsprüfungs- und Beratungswesen an der Universität Würzburg, sieht in diesem Umbau "eine entscheidende Schmälerung der Haftungsmasse".
    Denn die geschädigten Anleger können ihre Schadensersatzansprüche nun nur noch gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft richten.

    In der alten Konstellation hätten die Umsätze und Erträge aus dem Beratungsgeschäft auch dazu genutzt werden können, die Ansprüche der Kläger zu bedienen. Doch mit der neuen Struktur geht das nicht mehr

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    Der Fall Wirecard ist das größte Wirtschaftsverbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Pav Gill war der Mann, der als Whistleblower das ganze Lügengebäude zum Einsturz brachte.29.02.2024 | 14:43 min

    Rechtsanwalt sieht im Umbau bewusstes Vorgehen

    Peter Mattil, der zahlreiche Wirecard-Geschädigte als Rechtsanwalt vertritt, sieht in diesem Umbau Kalkül: "Angesichts dieser drohenden Klage halten wir das zum jetzigen Zeitpunkt für rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig. "
    Mattil weiter: "EY versucht offenbar, sich von seinem Vermögen zu verabschieden, damit wir im Falle eines Erfolgs nichts mehr vollstrecken können,. Wir halten die Umwandlung für nichtig und wir werden die neuen GmbHs, die ja das Vermögen übernommen haben, auch in die Haftung nehmen und verklagen."
    Marta Orosz
    Die großen Wirtschaftsskandale unserer Zeit haben einen gemeinsamen Nenner: die Big Four. Gemeint sind die vier größten Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG, Deloitte, EY und PwC.27.03.2024 | 13:46 min

    EY weist die Vorwürfe zurück

    EY gehört neben KPMG, Deloitte und PwC zu den "Big Four" der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die sich die Prüfung großer, internationaler Unternehmen fast vollständig teilen. Keine andere Prüfungsgesellschaft firmiert derzeit als GmbH & Co.KG.
    EY teile auf ZDF-Anfrage in einer schriftlichen Stellungnahme mit: "Durch diesen Schritt harmonisiert EY Deutschland seine Struktur mit anderen Gesellschaften des internationalen EY-Netzwerks in Europa und weltweit. Die vorgenommenen gesellschaftsrechtlichen Veränderungen haben keinerlei Auswirkungen auf die Haftungsrisiken bei bestehenden und abgeschlossenen Mandaten oder auf laufende Zivilverfahren."
    Nils Metzger und Thomas Schulz erzählen über ihre Recherche zu Jan Marsalek bei ZDFheute live.
    Die Reporter Nils Metzger (ZDF) und Thomas Schulz (Spiegel) erzählen über ihre gefährliche Recherche über das Doppelleben Jan Marsalek nach seiner Flucht nach Russland. 01.03.2024 | 18:58 min
    Die Anlegeranwälte fordern nun vom Bayerischen Oberlandesgericht, wo das Zivilverfahren um Schadensersatzzahlungen verhandelt wird, dass alle EY-Einheiten für die Wirecard-Schäden haftbar bleiben. Im Herbst sollen die ersten mündlichen Verhandlungstermine sein.
    Christoph Söller ist Reporter im ZDF-Landesstudio Bayern.

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