Tarifstreit: Bahn und EVG starten neue Verhandlungsrunde

    Tarifkonflikt:Bahn und EVG: Neue Verhandlungsrunde startet

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    Seit Wochen streiten Bahn und Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG um einen neuen Tarifvertrag. Nun kommen beide Seiten in Berlin zu einer neuen Verhandlungsrunde zusammen.

    Niedersachsen, Hannover: Ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) steht neben einem ICE-Zug an einem Gleis im Hauptbahnhof Hannover. Archivbild
    Deutsche Bahn und die EVG liegen bisher unter anderem bei der Frage der Laufzeit des Tarifvertrags auseinander.
    Quelle: dpa

    Wer verhandelt, streikt nicht - mit diesem Motto war die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG zuletzt im zähen Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn unterwegs. Ab diesem Montagnachmittag wird nun wieder verhandelt, fünf Tage sind angesetzt für die nächste Gesprächsrunde über Tariferhöhungen für gut 180.000 Beschäftigte bei der DB.
    Ob dabei ein Abschluss erzielt werden kann, ist offen - einerseits sind viele kritische Punkte noch offen, andererseits bieten fünf Tage viel Zeit für mögliche Lösungen. Ein Überblick zu aktuellen Verhandlungslage:

    Die Konfliktpunkte

    Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Frage, wie viel Geld die Beschäftigten künftig pro Monat mehr bekommen - und zwar dauerhaft.
    Die EVG fordert:
    • Mindestens 650 Euro mehr
    • Bei den oberen Lohngruppen will sie ein Plus von zwölf Prozent erreichen bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten.
    Die Deutsche Bahn hat bisher angeboten:
    • Bei den unteren Einkommen zwölf Prozent, bei den mittleren zehn Prozent und bei den oberen acht Prozent mehr zu zahlen. Die Erhöhung soll in zwei Schritten erfolgen.
    • Außerdem will der Konzern den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 2.850 Euro steuer- und abgabenfrei zahlen, als sogenannte Inflationsausgleichsprämie. Viel Geld, das aber nur einmal gezahlt wird und in den Tariftabellen nicht festgeschrieben wird, also bei zukünftigen Verhandlungen die Ausgangslage nicht verbessert.
    • Die Laufzeit des Tarifvertrags sollte nach DB-Ansicht bei 24 Monaten liegen.

    Ziel der EVG: Festbetrag statt Prozentsteigerung

    Die EVG hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie einen Festbetrag statt einer prozentualen Erhöhung erreichen will. Denn die unteren Einkommensgruppen sollen von der Tarifrunde besonders deutlich profitieren, so der Wunsch der Gewerkschafter.
    Wer wenig verdient, wurde in den vergangenen Monaten von der Inflation besonders stark getroffen, weil das Geld auch schon ohne die heftigen Preissteigerungen am Monatsende oft knapp war.

    Gewerkschaft will kürzere Laufzeit bei Tarifvertrag

    Ein großer Knackpunkt ist zudem die lange Laufzeit von 24 Monaten, die die Bahn zuletzt vorgeschlagen hat. Die EVG will schon früher wieder verhandeln, um auch auf weitere Preissteigerungen in den kommenden Monaten schnell reagieren zu können.
    Für die Bahn ist eine lange Laufzeit des Tarifvertrags wichtig, um mehr Planungssicherheit zu bekommen. Der Konzern hat schon jetzt mit hohen Kosten zu kämpfen, etwa weil die marode Schieneninfrastruktur dringend modernisiert werden muss.

    Konkurrenzsituation zur GDL

    Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Wolfgang Schroeder muss der Tarifkonflikt stets auch mit Blick auf die Konkurrenzsituation der EVG zur Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) betrachtet werden.
    Cosima Ingenschay | stellv. Vorsitzende EVG
    Es gebe Ungerechtigkeiten und "Personalmangel an allen Fronten", daher sei die Lohnerhöhung wichtig, um "nachhaltig den Bahnverkehr sicherzustellen", so EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay.17.05.2023 | 5:12 min
    Vergangenen Montag hat deren Chef Claus Weselsky seine Tarifforderungen vorgestellt, über die er ab Herbst mit der DB verhandeln wird. Die Kernpunkte: 555 Euro mehr pro Monat, drei Stunden weniger Arbeitszeit pro Woche für Schichtarbeiter und 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie. Damit habe die GDL die Latte sehr hoch gehängt, meint Schroeder.

    Und wenn die EVG sich jetzt frühzeitig auf den Kurs des Bahn-Managements einlassen würde, könnte einmal mehr der Eindruck entstehen, dass die EVG die nachgebende Gewerkschaft ist und die GDL die fordernde Gewerkschaft.

    Wolfgang Schroeder, Politikwissenschaftler

    Damit würde die EVG den Eindruck zerstören, den sie seit Monaten aufzubauen versucht habe - nämlich dass sie die starke Gewerkschaft innerhalb des Konzerns ist und es daneben keine andere braucht, um die Interessen der Beschäftigten durchzusetzen.
    Schroeder geht letztlich davon aus, dass es im Rahmen des Tarifkonflikt noch mal zum Arbeitskampf kommen wird.
    Quelle: Fabian Nitschmann, dpa

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