Deutsche Wirtschaft wächst überraschend im dritten Quartal

    Konjunktur zieht an:Deutsche Wirtschaft wächst überraschend

    ZDF-Reporterin Sina Mainitz bei ZDFheute live.
    von Sina Mainitz
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    Die deutsche Wirtschaft schwächelte zuletzt. Nun legte das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal überraschend um 0,2 Prozent zu. Woran liegt das?

    Ein Bauarbeiter schweisßt auf einer Baustelle in Wendlingen-Ulm an einer Baumaschine
    Nach einem Rückgang im zweiten Quartal ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal wieder gewachsen.
    Quelle: dpa

    Unerwartet geht es für die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal leicht bergauf. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewachsen. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.
    Ökonomen waren von einem erneuten Rückgang ausgegangen. Verantwortlich für das Plus im dritten Quartal sind offenbar mehr staatliche und private Konsumausgaben. Nanu? Haben wir nicht noch gestern genau das Gegenteil gehört? Wurden nicht erst vergangene Woche die Konjunkturaussichten für dieses Jahr nach unten korrigiert? Wie passt das alles zusammen?
    SGS Haller
    Die deutsche Wirtschaft wächst wieder leicht, gleichzeitig steigt die Inflation. Wie das zusammenpasst und welche Folgen sich daraus ergeben, erklärt Valerie Haller.30.10.2024 | 0:57 min
    "Wir sind in einer Stagnationsphase seit dem zweiten Quartal 2022", sagt Prof. Lars Feld vom Eucken-Institut ZDFheute.

    Da gibt es dann zwar mal ein leichtes Plus nach oben in einem Quartal, dann aber eben auch wieder eins nach unten. Es gibt keine Dynamik. Seit mehr als zwei Jahren bewegen wir uns seitwärts.

    Lars Feld, Eucken-Institut

    Wirtschaft fordert gemeinsames Handeln
    Am Unternehmertag in Wiesbaden kritisierten führende Unternehmenslenker die Wirtschaftspolitik der Ampel scharf. Die Forderung: Mehr handeln, weniger Sitzungen. 29.10.2024 | 2:32 min

    Deutschland konnte nicht von Fußball-EM profitieren

    Im zweiten Quartal war die Wirtschaft leicht geschrumpft. Und auch für das dritte war ein Dämpfer von vielen Volkswirten prognostiziert worden. Bei zwei negativen Quartalen in Folge wäre Deutschland in die sogenannte "technische Rezession" abgerutscht.
    Wirtschaftsgespräch: Verlässlichkeit nötig
    Planbarkeit und Verlässlichkeit höre man fast mantra artig aus der Wirtschaft. Darum die Forderung, dass die Politik an einem Strang ziehe, so die Einschätzung von Valerie Haller.29.10.2024 | 1:26 min
    Zum Jahresstart war Europas größte Volkswirtschaft noch leicht gewachsen, doch die erhoffte Erholung blieb zunächst aus. Während unsere Nachbarn in Frankreich ein Plus beim BIP aufgrund der Olympischen Spiele in Paris verzeichnen und die Spanier dank glänzender Umsätze im Tourismus ihr jeweiliges BIP in die Höhe treiben, profitierte die deutsche Wirtschaft nicht von den erhofften Umsätzen rund um die Fußball-Europameisterschaft. Wer hätte gedacht, dass das einstige Zugpferd Deutschland die Euro-Zone nach unten zieht?
    Die Unsicherheit über die Krise der deutschen Wirtschaft hat sich längst bei Unternehmen und Verbrauchern breitgemacht. Während sich viele Firmen mit Investitionen zurückhalten, halten Verbraucher ihr Geld trotz steigender Löhne zusammen. Die Schlüsselbranchen, wie die deutsche Autoindustrie, stehen unter großem Druck.
    "Wir haben die Standortbedingungen nicht verbessert und auch die Strukturprobleme bleiben", erläutert Lars Feld im Gespräch mit ZDFheute. Hinzu komme nun noch eine große Verunsicherung wegen der aktuellen Wirtschaftspolitik. "Eine Investitionsprämie bringt kurzfristig eine Verbesserung, ist langfristig aber keine Lösung."
    Wulf Schmiese
    Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner haben sich heute auf getrennten Veranstaltungen mit Vertretern aus der Wirtschaft getroffen. ZDF-Reporter Wulf Schmiese berichtet. 29.10.2024 | 1:36 min

    Wachstum nur ein Ausreißer nach oben?

    Das Plus ist also nur ein Ausreißer nach oben? Auch nach Einschätzung der Bundesbank dürfte sich die Schwächephase fortsetzen. Die deutsche Wirtschaft dürfte im Schlussquartal "in etwa stagnieren", schrieb die Notenbank in ihrem Monatsbericht Oktober. Die Bundesbank machte aber zugleich deutlich, dass sie für die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr keine Rezession "im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung" erwartet. Vielmehr steckt die Konjunktur in eben dieser anhaltenden Schwächephase mit immer wieder auftretenden Auf und Abs fest.
    Berlin: Christian Lindner (M, FDP), Bundesminister der Finanzen und FDP-Parteivorsitzender, nimmt mit Jörg Dittrich (l-r), Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Reinhold von Eben-Worlee, ehemaliger Präsident des Verbandes "Die Familienunternehmer", und Steffen Hofmeister, Präsident Bundesverband der Freien Berufe e.V. (BFB), am Treffen der Wirtschaftsverbände im Reichstagsgebäude auf der Plenarebene des Bundestags teil.
    Bundeskanzler Scholz hat einen Pakt für die Industrie in Aussicht gestellt. Zuvor hat er sich mit Vertretern von Verbänden, Gewerkschaften und mehreren Konzernen getroffen. 30.10.2024 | 0:23 min
    Auch andere Ökonomen sehen noch keine echte Trendwende. Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauk und Aufhäuser Lampe Privatbank sagt: "Die geopolitische Lage ist schwierig, Zollerhöhungen drohen, und die Ampel-Regierung dümpelt dahin." Chefvolkswirt Jörg Krämer der Commerzbank blickt auf ein schwieriges Winterhalbjahr.

    Danach dürfte es wegen der Hiobsbotschaften aus der wichtigen Autoindustrie und der jahrelangen Erosion der Standortqualität nur zögerlich nach oben gehen.

    Jörg Krämer , Chefvolkswirt der Commerzbank

    Viel Widerstand auf den Weltmärkten

    Wie kommt endlich wieder Schwung in die deutsche Wirtschaft? Eine Herkulesaufgabe, denn von außen kommt eine Menge Gegenwind. Auf den Weltmärkten hat China als Wachstumstreiber an Schwung verloren, hierzulande steigt die Zahl der Firmenpleiten. Die Exportaussichten trüben sich ein und zeitgleich sparen Verbraucher zumindest im ersten Halbjahr noch mehr als ein Jahr zuvor. So kommt der Konsum, lange die größte Hoffnung für die Konjunktur, nicht recht in Schwung.
    ZEW-Chef Achim Wambach.
    Bund, Länder und Kommunen müssen im nächsten Jahr wohl mit weniger Geld auskommen, als gedacht.. "Deutschlands Wirtschaft läuft hinterher und die Bundesregierung muss reagieren", so ZEW-Präsident Wambach. 25.10.2024 | 6:06 min
    Bleibt nur noch die Hoffnung auf die Europäische Zentralbank (EZB). Impulse für die deutsche Wirtschaft könnten durch sinkende Leitzinsen kommen. Bis diese allerdings in der Realwirtschaft ankommen, vergeht Zeit. Ob nun Wirtschaftsminister Habecks "Deutschlandfonds" oder Kanzler Olaf Scholz "Pakt für die Industrie" in Aussicht gestellt wird. Schnelles Handeln ist erforderlich, damit aus dem Fünkchen Hoffnung Plus des dritten Quartals endlich ein Aufschwung wird.
    Mit Agenturmaterial.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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