Erste Frau an der Spitze:Christiane Benner neue Chefin der IG Metall
|
Zum ersten Mal in der mehr als 130-jährigen Geschichte der IG Metall steht eine Frau an der Spitze: Christiane Benner wurde zur neuen ersten Vorsitzenden gewählt.
Die größte deutsche Gewerkschaft IG Metall wird erstmals in ihrer rund 132-jährigen Geschichte von einer Frau angeführt: Christiane Benner (55) wurde am Montag von den Delegierten auf dem Gewerkschaftstag in Frankfurt zur neuen ersten Vorsitzenden gewählt. Nach acht Jahren als Vizechefin tritt sie die Nachfolge des scheidenden IG-Metall-Chefs Jörg Hofmann (67) an. Er war nach zwei Amtszeiten aus Altersgründen nicht mehr angetreten.
Benner erhielt 96,4 Prozent der Stimmen. Seit dem legendären Otto Brenner im Jahr 1965 hat kein IG-Metall-Chef mehr mit einem solchen Votum seine Amtszeit begonnen.
IG Metall hat Frauenanteil von unter 20 Prozent
Die mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern weltweit größte, staatlich unabhängige Gewerkschaft vertritt die Interessen von Beschäftigten der Stahl-, Metall- und Elektroindustrie sowie des Maschinenbaus und der Textilindustrie.
Der Frauenanteil der entsprechend der Struktur dieser Branchen männerdominierten Organisation liegt bei knapp 20 Prozent. Auf dem Gewerkschaftstag sind von 421 Delegierten 142 weiblich, die satzungsgemäße Quote wurde mit rund 34 Prozent deutlich übertroffen.
Benner will Belange der Beschäftigten stärker sichtbar machen
Benner verbesserte ihr vorangegangenes Wahlergebnis aus dem Jahr 2019 in Nürnberg von 87 Prozent um fast zehn Punkte. In ihrer Bewerbungsrede sagte sie:
Die IG Metall wolle sie stärker im Team führen und die Belange der Beschäftigten stärker sichtbar machen.
In ihrer kurzen Ansprache an die Delegierten vor der Wahl sagte Benner weiter, sie wolle "arbeitenden Menschen eine starke Stimme, eine stärkere Stimme" geben. Beim Umbau der Wirtschaft "kommen wir zu wenig vor". Sie wolle, "dass wir mehr gesehen werden, dass wir mehr gefragt werden".
DGB-Chefin Yasmin Fahimi gratuliert
Nach einem von Benner gewonnenen Machtkampf hat ihr die IG Metall in Frankfurt den Start leicht gemacht. Begeistert jubeln die Delegierten ihrer strahlenden Vorsitzenden zu, als sie ein Plakat mit dem Slogan "We can do it - Wandel ist weiblich" in die Höhe streckt.
Zu den ersten Gratulantinnen gehört DGB-Chefin Yasmin Fahimi, auf deren Posten Benner sich 2022 nicht hatte wegloben lassen. Stattdessen verfolgte sie beharrlich ihr Ziel, erste weibliche Chefin der mächtigsten deutschen Gewerkschaft mit mehr als 2,1 Millionen Mitgliedern zu werden.
Forderung nach 32-Stunden-Woche soll diskutiert werden
Bis einschließlich Donnerstag sollen bei der Tagung rund 540 Anträge beraten werden. Laut Grundsatzantrag des Vorstands wird es unter anderem um die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche gehen, wie sie in der Stahlindustrie bereits erhoben wird.
4-Tage-Woche - trotz Wirtschaftskrise und Fachkräftemangel? Darüber diskutierten Jana Schimke, Bundestagsabgeordnete der CDU und Jörg Hofmann, zu dieser Zeit Vorsitzender der IG Metall.10.08.2023 | 12:07 min
Fachkräfte will die Gewerkschaft unter anderem über eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen und sozial verträglichere Arbeitsbedingungen gewinnen.
Benner hat für Dienstag ein Grundsatzreferat angekündigt. An diesem Tag wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Frankfurter Messehalle erwartet. Von ihm erwartet die Gewerkschaft eine klare Aussage zum Brückenstrompreis für besonders energieintensive Industrien wie Stahl oder Chemie.
Quelle: dpa, Reuters, AFP