Lukas Dauser: Als "Vollprofi" mit Marrotten zu Olympia 2024
Turn-Weltmeister im sportstudio:Lukas Dauser: Ein Perfektionist mit Marotten
von Susanne Rohlfing
|
Honig für die Holme, parallel ausgerichtete Badelatschen und eine ganz spezielle Wettkampf-Unterhose - Turn-Weltmeister Lukas Dauser überlässt nur ungern etwas dem Zufall.
Der Abgang war weniger spektakulär als bei seiner mit Gold prämierten WM-Übung, doch das Publikum blickte dennoch gebannt auf Lukas Dauser und war dabei so mucksmäuschenstill, dass jeder Ausatmer des 30 Jahre alten Barren-Weltmeisters gut zu hören war.
Die jüngste Ausgabe des aktuellen sportstudios startete am Samstagabend mit einer ungewöhnlichen Live-Sport-Einlage, denn Dauser war samt Barren angereist, seinem Paradegerät. Zur sportlichen Demonstration gab der Turner einen Einblick in seine Methode für einen sicheren Griff an den Barrenholmen:
Mit dem Honig reibt er vor seinen Übungen die Hände ein, eines der vielen Dauserschen Puzzleteile auf dem Weg zur Perfektion.
Lukas Dauser über sein Angst-Element am Barren
Dauser zeigte dann auch noch sein ganz persönliches Angst-Element am Barren, den sogenannten "Makuz", den er in wichtigen Wettkämpfen schon öfter mal verpatzt hat. Sah aber ganz einfach aus, so solo vorgetragen in entspannter "sportstudio"-Atmosphäre.
Anschließend dürfte ein wenig Waldhonig an den Griff des ZDF-Mikrofons geraten sein, das der Turner direkt nach seiner Übung in die Hand gedrückt bekam. Drei Wochen ist es her, seit der gebürtige Bayer sich in Antwerpen zum ersten deutschen Turn-Weltmeister seit Fabian Hambüchen 2007 am Reck kürte.
Erste WM-Teilnahme 2014
Am Barren hatte seit Sylvio Kroll 1985 kein Deutscher mehr WM-Gold gewonnen. Die Freude stand Dauser noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Seit seiner ersten WM-Teilnahme 2014 und Platz acht mit der Mannschaft hatte er sich trotz verletzungsbedingter Rückschläge unermüdlich an den ganz großen Triumph herangepirscht.
Zuletzt hatte er bei den Olympischen Spielen 2021 und der WM 2022 jeweils Silber am Barren gewonnen.
Nach Schulterverletzung zurück zum "Vollprofi", Dauser erzählt
Einen Bärenanteil der jüngsten Erfolge gehe auf das Konto seines Trainers Hubert Brylok, mit dem er seit seinem Wechsel im Sommer 2020 nach Halle zusammenarbeitet, sagte Dauser: "Es ist Wahnsinn, was er in den letzten drei Jahren nochmal aus mir herausgeholt hat."
Für die WM war der 30-Jährige nach einer Schulterverletzung erst auf den letzten Drücker fit geworden. Er habe sich erst wieder auf seine größte Tugend, seinen Perfektionismus besinnen müssen, erklärte Dauser, der ganz "Vollprofi" und nicht nur "Profi" sein will.
Die Unterscheidung geht so: Ersterer gebe 100 Prozent in der Turnhalle.
Immer mit beiden Beinen gleichzeitig aus dem Bett
Danach aber nicht mehr. Danach habe er den Weg in Richtung Paris eingeschlagen. Mit aller Kraft und so mancher Marotte im Gepäck. Die eine oder andere plauderte Dausers Ehefrau Viktoria am Samstagabend aus: So werde an Wettkampftagen immer mit beiden Beinen gleichzeitig aus dem Bett gestiegen (bloß nicht mit dem falschen Bein aufstehen).
Die Badelatschen gehörten während einer Turnübung an einer Linie aufgestellt - parallel ausgerichtet und in Richtung Turngerät zeigend. Und bei Wettkämpfen trägt Dauser immer dieselbe Unterhose ("Sie wird zwischendurch gewaschen.") unter dem Turndress. "Ich hatte noch nicht den Mut, eine neue auszuprobieren", erklärte er.
Ach ja, und die Lautstärke beim Fernseher müsse immer auf eine gerade Zahl geregelt werden.
Dauser: Ich denke wirklich nicht an Medaillen
Olympische Spiele 2024, diesem Ziel wird jetzt alles untergeordnet. Na klar, olympisches Gold nach dem WM-Triumph, wohin sonst könnte der Weg eines Perfektionisten führen? "Ich denke wirklich nicht an Medaillen", beteuerte allerdings Dauser.
Bei sich bleiben, auf die Übung konzentrieren, an nichts anderes denken als an das nächste Element - daran arbeite er mit seinem Mentaltrainer. "Dass ich wirklich bei mir bleibe bis zu Landung, und erst, wenn ich abgemeldet habe, dann kann ich mich hoffentlich über eine Medaille freuen."
Dauser kritisiert Rückkehr russischer Athleten
Eine mögliche Rückkehr von Turnerinnen und Turnern aus Russland und Belarus sieht Dauser kritisch:
2024 sollen Turnerinnen und Turner aus beiden Ländern als neutrale Athleten trotz des Angriffskrieges auf die Ukraine unter strengen Voraussetzungen wieder starten dürfen. Das hatte der Turn-Weltverband (Fédération Internationale de Gymnastique - FIG) im vergangenen Juli entschieden.
Lukas Dauser ist bei der Turn-WM in Antwerpen zu Gold am Barren geturnt und hat sich damit nach Silber bei der WM 2022 und bei Olympia 2020 erstmals die Krone aufgesetzt.