Sanwald im "sportstudio": FCHs mittelständische Erfolgsstory

Einige besondere Geschichten hat Holger Sanwald erzählt bei seinem Besuch im aktuellen sportstudio, und all diese kleinen Geschichten vermittelten ein gutes Verständnis für das große Bild der Erfolgsstory des 1. FC Heidenheim.

Eine dieser kleinen Geschichten liegt fast drei Jahrzehnte zurück, und ohne Sanwalds zupackende Art hätte es die anderen Geschichten vielleicht nie gegeben.

In der Landesliga kickte Sanwald 1995 für den Verein gegen den Abstieg. Rund 150 Zuschauer verirrten sich damals zu den Spielen. Hinter der heutigen Haupttribüne gab es einen kleinen Streichelzoo mit Schafen und Ziegen, einen "Wildpark", wie Sanwald es formulierte. Es war jene Zeit, in der die damalige Abteilungsleitung ihr Amt nicht mehr ausüben wollte. Sanwald sprach mit ein paar Mitstreitern und übernahm.

29 Jahre später ist er der Vorstandsvorsitzende eines sieben Klassen höher spielenden Vereins mit mehr als 200 Angestellten, der nicht nur in seinem zweiten Jahr in der Bundesliga dabei ist, sondern am Donnerstag in der Conference League den FC Chelsea zum größten Spiel in der Vereinsgeschichte empfängt.

Aber auch jedes Bundesligaspiel sei logischerweise noch etwas Besonderes, sagte Sanwald am Samstag bei seinem Auftritt im aktuellen sportstudio.

Er habe zuletzt etwas von einem angeblich grauen Bundesligaalltag für Heidenheim gelesen, bevor jetzt Chelsea komme. "So ist es überhaupt nicht. Jeder Bundesligaspieltag ist ein Festtag für Heidenheim. Und so ist auch Chelsea", sagte Sanwald.

Um das Phänomen Heidenheim zu verstehen, hilft Sanwalds Blick zurück in seine ersten Jahre als Abteilungsleiter. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Augsburg fing er im Jahr 2000 parallel zu seiner Vereinstätigkeit an, bei einem Energieunternehmen zu arbeiten.

Dort entdeckte er die vielen Aktenordner mit einer vierstelligen Zahl an gewerblichen Kunden aus der Region. Sanwald erkannte in den vielen mittelständischen Unternehmen ein Potenzial für den Verein. Heute unterstützen mehr als 550 Sponsoren aus der Region den 1. FC Heidenheim.

Der Klub ist mittlerweile selbst ein mittelständisches Unternehmen geworden. Viele von Sanwalds ersten Mitstreitern sind noch immer dabei. Wie der Chefscout Peter Baamann, mit dem Sanwald schon in der C-Jugend zusammen in Heidenheim kickte.

Unter der Woche arbeitet Baamann ebenso wie sein Sohn Dennis beim Heidenheimer Unternehmen Voith, das auch Namensgeber der kleinen Arena mit ihren 15.000 Plätzen auf dem Schlossberg ist.

Von Freitag bis Sonntag scouten Vater und Sohn Baamann für den FCH in der zweiten und dritten Liga sowie ein bisschen in der Regionalliga und in Österreich und der Schweiz. Seit Kurzem ergänze noch ein Student die Scoutingabteilung, sagte Sanwald, mehr brauche es nicht.

Auch diese familiären Strukturen fügen sich ins Bild dieses ziemlich anderen Bundesligisten, in den Sanwald den Verteidiger Frank Schmidt einst für die Verbandsliga verpflichtete, ehe dieser nach dem Aufstieg als Spieler in die Oberliga 2007 das Traineramt übernahm und den Weg mit vier weiteren Aufstiegen bis in die Bundesliga prägte.

Und auch wenn am Donnerstag nun Chelsea zum größten Spiel der Vereinsgeschichte für den 1. FC nach Heidenheim kommt, steht für Sanwald fest:

Sie wissen eben, wo sie herkommen, und wie viele kleine Geschichten nötig waren fürs große Bild ihrer Erfolgsstory. Und auch wie viel Bodenständigkeit.