Schach-Star Keymer: Mit Neugier und Spaß in die Weltspitze

    Deutscher Schach-Star:Keymer: Mit Neugier und Spaß zur Weltspitze

    von Ralf Lorenzen
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    Vincent Keymer gilt als größtes deutsches Schachtalent seit langem und steht kurz vor dem Aufstieg in die Top-Ten der Schachelite. Kritik übt er an der deutschen Schachförderung.

    Schach-Profi Vincent Keymer
    Vincent Keymer ist Großmeister seines Fachs. Das 19-jährige Schach-Jahrhunderttalent über das Spiel der Könige, seine Gedanken beim Ziehen und den Ausnahmekönner Magnus Carlsen.06.01.2024 | 17:31 min
    Michael Schumacher und Boris Becker - die Vergleiche mit diesen Ausnahmesportlern wirken für jemanden, den immer noch nur eine Minderheit der Sportinteressierten kennt, zunächst vermessen. Aber für den Schachsport in Deutschland hat Vincent Keymer nach Ansicht des Sportdirektors im Deutschen Schachbund (DSB) Kevin Högy eine ähnliche Bedeutung wie der Formel-1-Pilot und der Tennisspieler zu ihrer Zeit für ihre Sportart hatten.

    Vincent Keymer: Der Beste seit Robert Hübner

    Beim Kandidatenturnier in Toronto, bei dem im April der Herausforderer für Weltmeister Ding Liren ermittelt wird, gehört der Weltranglisten-Zwölfte zwar nicht zu den acht Teilnehmern. Als Fünfter beim Turnier auf der Isle of Man verpasste der 19-Jährige die Qualifikation knapp. So nah wie er war aber kein Deutscher mehr an einem WM-Kampf, seit Robert Hübner zwischen 1971 und 1990 viermal im Kandidatenturnier scheiterte.
    Während Hübner mit 23 Jahren zum damals jüngsten Großmeister wurde, schaffte Keymer den Aufstieg in die Elite des Schachsports bereits mit 14 Jahren. Begonnen hat alles, als er mit fünf Jahren im Elternhaus im rheinhessische Saulheim zufällig ein Schachbrett fand.

    Mit fünf war es kindliche Neugier. Um aus dieser Neugier einen Leistungssport zu machen, brauchte es neben Talent auch sehr viel Spaß. Ich habe auch schon Kinder gesehen, die haben sehr gut gespielt, hatte aber nicht das Gefühl, dass es so viel Spaß gemacht hat. Ich finde, dann muss man es auch nicht machen.

    Vincent Keymer

    Frühes Lob von Ex-Weltmeister Kasparow

    Einer, der Keymer früh auf seinem Weg bestärkt hat, war Ex-Weltmeister Garri Kasparow. "Vincent ist unglaublich talentiert und kann definitiv in die Spitze der Schachwelt aufsteigen", sagte Kasparov nach einem privaten Treffen über den damals Elfjährigen. Da hatte der Musiker-Sohn die ersten Großmeister schon geschlagen und war gerade Fünfter bei der Jugend-WM geworden. Mit 13 Jahren schlug er bei einem Turnier in Baden-Baden zahlreiche Großmeister, bevor er ein Jahr später vom Weltschachverband Fide diesen Titel selbst zuerkannt bekam.
    Aus den Erfolgen der letzten Jahre stechen neben den Turnier- und Bundesliga-Siegen zwei Platzierungen heraus. Bei den Blitzschachweltmeisterschaften 2022 wurde er hinter dem Weltranglistenersten Magnus Carlsen Zweiter. Und im August letzten Jahres konnte er beim World Cup in Baku als einziger eine Partie gegen Carlsen gewinnen. Die zweite Partie verlor er dann trotz aussichtsreicher Position und unterlag im Tiebreak mit 1:2.

    Magnus Carlsen: Gruß vom Besten

    "Er war und ist noch eine Klasse über dem Rest", sagt Keymer über Carlsen. Der Norweger gab im aktuellen sportstudio eine Grußbotschaft für den Deutschen ab. "Hi Vincent, ich möchte dir zur Nummer 1 der Welt bei den Junioren gratulieren", sagte er. "Ich freue mich auf viele weitere spannende Duelle."
    Seit seinem Abitur Anfang 2022 kann Keymer sich als Profi nun ganz auf den Sport konzentrieren und wird dabei neben einem Sponsor auch vom Deutschen Schachbund unterstützt. "Im Vergleich zu den Topnationen im Schach ist in Deutschland die Förderung für Schach nicht konkurrenzfähig", sagte er im ZDF.
    Vincent Keymer bei der FIDE Team-WM im Blitz-Schach in Düsseldorf, aufgenommen am 27.08.2023
    Das "Spiel der Könige" bedeutet ihm alles. Vincent Keymer ist der beste Schachspieler Deutschlands. Sein Ziel ist es, in die Top Ten der Weltbesten einzuziehen.29.08.2023 | 1:32 min

    Vorbild Indien: Muster-Beispiel für Talentförderung im Schach

    Als Muster-Beispiel für Talentförderung hob er Indien hervor. "Dort ist sowohl von privaten Sponsoren als auch vom Verband eine ganz andere Förderung mit ganz anderen Summen vorhanden. Das ist sicherlich auch teilweise der Grund, weshalb wir in Deutschland zwar ein sehr starkes Nationalteam und viele sehr gute Spieler haben, aber es vielleicht an Weltklassespieler noch etwas mangelt." Immerhin gibt es wieder einen, der das Zeug hat, in die Top-Ten der Schachelite aufzurücken.
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