Olympia 2024: Frankreich feiert den Sport und sich selbst

Anschläge auf das französische Schienennetz: Am Morgen der Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele laufen die Gemüter heiß, als die ersten Meldungen zu den Sabotageakten bekannt werden. Es wurden Signalanlagen angezündet, Kabel durchschnitten, Züge umgeleitet. Die Reparaturen begannen, die Aufregung legte sich, die Anspannung blieb.

Absperrgitter, Umleitungen, Polizeikontrollen, QR-Codes. Die letzten Tage und Wochen vor Beginn der Spiele fühlen sich in Paris an wie ein Remake des Lockdowns, ein notwendiges Übel, dem Trubel, Jubel, Heiterkeit folgen sollen.

Das Gastgewerbe beschwert sich über Umsatzeinbußen, da die üblichen Sommertouristen weg bleiben und viele Pariser die Flucht ergriffen hatten, aus Angst vor verstopften Metros.

Taxifahrer schimpfen über die Sperrzonen um die Seine, in die sie jetzt doch nicht hineinfahren dürfen, obwohl es doch anders angekündigt war. Obdachlose werden weggekarrt, damit Paris besser glänzen kann.

Olympia - die Geldmaschine, die Freiwillige für sich arbeiten lässt. Die horrenden Kosten, die vom Steuerzahler zu tragen sind. Olympia - eine Bühne zur Selbstüberhöhung der politischen und finanziellen Eliten, allen voran Präsident Emmanuel Macron und Bernard Arnault, der mit seinem Luxuskonzern LVMH reichste Mann der Welt und Hauptfinanzier der französischen Spiele.

Und dann steigt über der Austerlitzbrücke blau-weiß-roter Rauch auf und es hagelt Lob - die Kritik verebbt. Lady Gaga im Federkleid, der brachiale Auftritt der Metalband Gojira, die französische Popikone Aya Nakamura, beschwingt begleitet vom Orchester der republikanischen Garde, Balletttänzer, Dragqueens. Dazwischen die Athleten auf den Booten, die wie alle anderen dem Regen trotzen.

Und als krönender Abschluss Céline Dion, die inmitten des Eifelturms wieder zu ihrer Stimme findet. Hoch-und Popkultur verschmelzen in Thomas Jollys Inszenierung zu einem inklusiven Auftakt, der weltweit für Aufsehen sorgt - mit Paris als Kulisse, das den Sport, die Nation und sich selbst feiert. Der Regen weicht der Sonne, das Gold glänzt.

Beindruckende BMX-Luftnummern auf dem Place de la Concorde, Reiter vor dem Schloss Versailles, der Triathlon der doch endlich in der Seine ausgetragen werden kann, die Fanmeilen - brechend voll.

Ein Gendarm der deutsch-französischen Einsatzeinheit, der sich über die gute und entspannte Stimmung in Paris freut. Der Strandlieger, der sich neidisch auf Whatsapp meldet, er wäre jetzt auch gerne da und nicht in Andalusien.

Nur der politisch rechte Rand gibt sich verdrossen, will sich nicht von der vermeintlichen Parodie Leonardo Da Vincis letzten Abendmals erholen - obwohl es eine Anspielung auf Jan van Biljerts Gemälde "Festmahl der Götter" war, das seit Jahrzehnten unbehelligt im Magnin Museum in Dijon hängt. DJ Barbara Butch bekommt Morddrohungen - die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Ansonsten scheint Emmanuel Macrons Wunsch nach der "Trêve olympique" - der olympischen Ruhepause vorerst aufgegangen zu sein. Es wird gefeiert und vergessen, dass Frankreich mit einer politisch abgewählten Regierung in unruhigen Gewässern unterwegs ist.

Was bleiben wird, sind die Bilder, wie das vom brasilianischen Surfer Gabriel Medina in Tahiti: Ein Höhenflug über der Welle - aber von kurzer Dauer.